Wenn Getreide zur Qual wird:

Selbsthilfegruppe für Gluten-Allergiker

Eine Selbsthilfegruppe für Gluten-Allergiker in Bangkok soll informieren, aufklären und verbinden.


Gluten kann man nicht sehen, nicht schmecken oder einfach aus dem Brötchen pulen. Für Menschen mit Zöliakie, sprich Gluten-Allergie, bedeutet das: Sie dürfen nur ganz spezielle Produkte essen, kleine Fehler werden sofort bestraft. Wer mit einer solchen Lebensmittelallergie im Ausland lebt, hat es besonders schwer: Glutenunverträglichkeit ist in Thailand noch ein Fremdwort. Doch das soll sich bald ändern: Eine engagierte Mutter, Caroline Funck, hat eine Selbsthilfegruppe für Betroffene ins Leben gerufen.
Anfang diesen Jahres bekam die 6-jährige Julia Funck den unerwarteten Befund: Glutenunverträglichkeit. Julia darf keinen Weizen, Roggen und keine Gerste mehr essen. Befindet sich nur ein Hauch Weizenmehl, etwa ein Krümel vom Dinkelbrötchen, in ihrem Essen, wird sie krank. “Das war erstmal ein Schock für uns”, erinnert sich ihre Mutter, Caroline Funck.

Nicht heilbar


Wie Julia leidet in westlichen Ländern ungefähr einer von 100 Menschen an der genetisch bedingten Unverträglichkeit von Gluten. Bislang ist Zöliakie nicht heilbar – zurzeit besteht die einzige Therapie in einer lebenslangen, glutenfreien Diät. Dabei weichen die Betroffenen auf spezielle Lebensmittel aus, die aus Mais, Reis, Buchweizen oder glutenfreiem Weizenmehl hergestellt sind. Wenn die Diät nicht eingehalten wird, kommt es zu Mangelerscheinungen, die bei Kindern zu einem gestörten Wachstum führen können.

Strikte Trennung

“Nie mehr Pizza, Hamburger oder knusprige Brötchen essen dürfen, fand ich anfangs besonders schlimm,” berichtet Julia. Starke Bauchschmerzen und schwerer Durchfall sind die Folgen von jedem Ernährungsfehltritt. Daher muss das Schulkind genauestens auf seine Speisen achten, isst nichts, was Spuren von fremden Lebensmitteln enthalten könnte: „Es ist ganz wichtig, dass in der Küche sauber gearbeitet wird “, erklärt Caroline Funck. Zu Hause oder in Deutschland sei das kein Problem: Schätzungsweise 400.000 Erwachsene leiden alleine in Deutschland an Zöliakie. Aber was machen diese Patienten im Ausland, wo es kaum glutenfreie Produkte gibt und die wenigsten Menschen überhaupt verstehen, um welche Krankheit es sich handelt? Denn bei Asiaten tritt Glutenunverträglichkeit nicht auf. Diese Frage hat sich auch Caroline Funck gestellt – und die erste Zöliakie-Selbsthilfegruppe in Bangkok ins Leben gerufen.

Hilfe zur Selbsthilfe

Mit der Unterstützung von Dr. Mingmuang, Zöliakie-Experte am Bumrungrad-Krankenhaus in Bangkok, konnte Caroline Funck ein „Gluten-Netzwerk“ gründen. Der Gastroenterologe betreut bisher vier weitere Patienten, die an Glutenunverträglichkeit leiden. “Da merkte ich erstmals: wir sind nicht alleine mit diesem Problem”. Durch Aushänge in Supermärkten, die glutenfreie Produkte führen, bekam die engagierte Mutter Kontakt zu weiteren Betroffenen. “Mittlerweile sind wir elf Familien, die sich gegenseitig unterstützen”, freut sich die 42-jährige. Einmal pro Monat treffen sich die Betroffenen, geben sich Tipps und stärken sich gegenseitig.

Bitte glutenfrei

Dabei sind die wichtigsten Ziele der Gruppe Aufmerksamkeit zu schaffen und mehr Zugang zu glutenfreien Produkten zu erhalten: “Unser größtes Problem ist, dass man hier nur wenige glutenfreie Lebensmittel kaufen kann und viele Produkte erst gar nicht richtig gekennzeichnet sind.” Bis zu vier Stunden sitzt die gelernte Sozialversicherungsangestellte täglich am Computer, kontaktiert Firmen und Supermärkte, bittet um deren Mithilfe. Manchmal kämpfe sie gegen Windmühlen, “doch in der Regel bekomme ich viel Unterstützung und das gibt mir die Kraft, weiter zu machen.”

Ute Bäuchl


Interview mit Dr. Mingmuang Worawattanakul, Zöliakie-Experte am Bumrungrad-Krankenhaus in Bangkok. Thaizeit: Was ist Glutenintoleranz? Glutenintoleranz oder Zöliakie beruht auf einer lebenslangen Unverträglichkeit des Organismus gegenüber dem Klebereiweiß Gluten. Diese chronische Erkrankung der Dünndarmschleimhaut kann sich im Kindesalter manifestieren, aber auch erst im Erwachsenenalter auftreten. Dabei kann das Essen von glutenhaltigen Nahrungsmitteln zu Symptomen wie Bauchschmerzen, Durchfall, Müdigkeit und Gewichtsverlust führen. Thaizeit: Warum sind Asiaten in der Regel nicht von Zöliakie betroffen? Zöliakie ist eine Autoimmunerkrankung, die vor allem genetisch bedingt ist. Sie tritt am häufigsten bei kaukasischen Bevölkerungsgruppen in Europa, Amerika oder Australien auf. Thaizeit: Welche Nahrungsmittelallergien treten denn vorwiegend bei Thailändern auf? Thais haben keine speziellen Nahrungsmittelallergien. Dennoch haben wir eine Zunahme an allergischen Reaktionen gegen Fische, Meeresfrüchte und Erdnüsse beobachten können. Auch konnten wir in jüngster Zeit mehr Fälle von Kuhmilchallergien bei Säuglingen dokumentieren. Thaizeit: Welche Hilfen bieten Sie Zöliakie-Erkrankten im Bumrungrad-Krankenhaus? Erstmal ist Zöliakie schwer zu diagnostizieren. Der Arzt muss sich mit der Krankheit auskennen und die erforderlichen Mittel zur Diagnose haben. Das Bumrungrad-Krankenhaus ist die einzige Klinik in Thailand, die über eigene Testmöglichkeiten verfügt. Hier können wir mit speziellen Bluttests eine genaue und schnelle Diagnose stellen. Darüber hinaus beraten wir die Patienten und unterstützen sie dabei, mit der Krankheit zurecht zukommen. Kontakt Für mehr Informationen kontaktieren Sie das “Digestive Disease Centre” am Bumrungrad-Krankenhaus: Tel. +66 (0) 2667 1401 – 2, www.bumrungrad.com Interessierte und Betroffene können sich mit Caroline Funck in Verbindung setzen: glutenfreeinbkk@yahoo.com Mehr Infos und Anregungen zur Zöliakie-Erkrankung bekommt man unter: www.dzg-online.de

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