Geständnis des "Bangkok Bombers”?

Rekonstruktion eines Dramas

Viel wurde seit dem Anschlag am Erawan Schrein Mitte August 2015 spekuliert. Nun liefert die Polizei erstmals einen präzisen Tathergang - "nachgestellt" vom mutmaßlichen "Bangkok-Bomber" und seinem Komplizen, die angeblich geständig sind. Offiziell heißt es: Das sind die Täter!


Bangkok, 28.9.2015

Vermutungen über Vermutungen kursierten seit einem Monat in den lokalen Medien und sozialen Netzwerken. Zuletzt hieß es, der Mann namens Adem Karadag alias Bilal Muhammed (beide Namen fanden sich in seinen gefälschten türkischen Pässen), hätte vor wenigen Tagen die Tat gestanden. Er war der erste Verdächtige, der kurz nach dem Anschlag festgenommen wurde, nachdem in dessen Wohnung in Min Buri im Zuge einer groß angelegten Razzia eine veritable "Bomben-Werkstatt" gefunden wurde. Thaizeit berichtete...

Wie Polizeigeneral Prawut Thawornsiri von der Royal Thai Police vorgestern bestätigte, hätte Karadag mittlerweile zugegeben, dass er sich mit Brille und einer Perücke unkenntlich gemacht und den Rucksack am Erawan Schrein abgelegt habe. Nach dem Anschlag tauschte er offenbar auf einer öffentlichen Toilette im Lumpini Park sein gelbes in ein graues T-Shirt.

Um auch der Öffentlichkeit zu beweisen, dass da "tatsächlich was dran ist", und um selbst Zweifler und Kritiker "eines Besseren zu belehren", ließen die Beamten den Häftling entsprechend dem regulären Ermittlungsverfahren den ihm vorgeworfenen Tathergang vom 17. August 2015 "nachstellen" (siehe Bildergalerie links).


Bombe per Handy gezündet

Ebenfalls anwesend war der zweite Hauptverdächtige namens Yusufu Mieraili, angeblich der wichtigste Komplize von Karadag, der wenige Tage nach dem Erawan-Anschlag an der kambodschanischen Grenze verhaftet wurde. Angeblich soll er die Bombe per Mobiltelefon gezündet und dieses später in einen Klong geworfen haben. Er wurde unabhängig von Karadag zu Tathergang befragt.

Zahlreiche thailändische und internationale Medienvertreter hatten sich vor dem Erawan-Schrein versammelt, um den Lokalaugenschein in Wort und Bild zu dokumentieren. Unter Lokalaugenschein versteht man die Besichtigung einer (oder mehrerer) Örtlichkeit(en) im Zuge einer behördlichen Beweisaufnahme.

Viele Übereinstimmungen

Nach dem "Rundgang", bei dem 600 schwer bewaffnete Polizeibeamten sowie Soldaten anwesend waren, wurden die Geständnisse der beiden mit Videoaufnahmen der Überwachungskameras sowie unabhängigen Zeugenaussagen verglichen. Offenbar stimmten die Äußerungen mit den wissenschaftlichen Erkenntnissen und zahlreichem Beweismaterial derart überein, dass die Polizei den Gang an die Öffentlichkeit wagte.

Polizeichef Somyot Poompunmuang sagte gegenüber Medienvertretern: "Wir sind  überzeugt, dass diese beiden Häftlinge die Täter waren. Adem Karadag IST der Bombenleger im gelben T-Shirt (Foto rechts)! Und Yusufu Mieraili hat die Bombe explodieren lassen".

19 "Key Spots": Standorte im "Nachspiel"

Hier veröffentlicht Thaizeit 19 "Schlüsselorte", an denen sich die mutmaßlichen Attentäter angeblich aufhielten. Die Abfolge entspricht NICHT dem chronologischen Tathergang, sondern den diversen Standorten, die von der Polizei mistamt den beiden Häftlingen "abgefahren" wurde. Quellen Bangkok Post/The Nation/Roal Thai Police

1. Adem K. begann die "Rekonstruktion" des Tathergangs vor dem Grand Hyatt Erawan, wo er in der Tatnacht angeblich mit einem Tuk-Tuk hingefahren wurde. Am Erawan Schrein legte er den Rucksack mit der Bombe nieder.
2. Unterdessen wurde Yusufu M. von einem zweiten Team in die Rama I Road gebracht, gegenüber vom Erawan Schrein. Von dort soll er in der Tatnacht per Handy die Bombe entzündet haben.
3. Die dritte "lo
cation": Soi Mahadlekluang. Von hier aus floh Yusufu M. auf einem Motorradtaxi
4. An der Chalermlok Brücke warf Yusufu M. laut eigenen Aussagen das Mobiltelefon in den San Saeb Kanal (Mann im Foto links)
5. Der fünfte Standort: Lumpini Park. Dort stieg Adem K. nach der Explosion am Eingang 5 ab und begab sich zu einer öffentlichen Toilette.
6. Adem K. zeigt der Polizei die Toilette, wo er
sich umzog. Angeblich wechselte er dort sein gelbes in ein graues T-Shirt. Laut eigenen Aussagen verlies er danach den Park durch den Eingang 4 / Rama IV Road.
7. Standort: "Padung Krung Kasem Canal". Auf der 3. Brücke in der Nähe des Bahnhofs Hua Lampong wartet Adem K. auf Yusufu M, um die Bombe in Empfang zu nehmen.

8. Die achte "location": eine Bank in der Nähe des "Padung Krung Kasem Canal". Dort wechselte der Rucksack mit der Bombe die Besitzer.
9. Adem K. zeigt den Polizisten den Zaun in der Nähe des Bahnhofs, wo er ein Tuk-Tuk zum Erawan Schrein nahm.
10. An einem nicht näher erklärten Ort stoppte angeblich der Tuk-Tuk-
Fahrer, um kurz mit einem Freund zu reden.
11. "Cockpit Shop" gegenüber des Ramada Hotels. Dort soll angeblich eine Tasche mit dem Sprengsatz an Zubair
ausgehändigt worden sein - jenem Mann in einem blauen Hemd, der die kleinere Bombe später am Sathorn Pier
detonieren lassen sollte.
12. Zwischenstop
p in der Soi Charoenkrung 105 und 107, wo Adem K. anhielt, um 20 Minuten zu beten
13. LPG Tankstelle gegenüber einer Moschee, wo Adem K. sein gelbes T-Shirt anzog

14. Kor Laem Poststelle: von dort nahm Adem K. ein Taxi
15. Soi Charoen Nakhon 61 and Chao Phraya Princess Pier, wo die Tasche mit dem 2. Sprengsatz deponiert war.
16. Charoen Nakhon Road (gegenüber Soi Charoen Nakhon 61), wo der 3. Mann ein Taxi nahm.
17. Min Buri Market
18. 7-Eleven in Min Buri, wo Adem K. ein paar Einkäufe tätigte
19. Zimmer 412 im "Poon-anan Appartement-Block", wo Adem K. wohnte und später verhaftet wurde. Thaizeit berichtete...
Hier geht's zur "Rekonstruktion" der Tat durch die mutmaßlichen Täter:

>>> Bildergalerie: Das sind die Hauptverdächtigen

Zum Abschluß des "Re-enact"-Szenarios erklärte der Nationale Polizeichef General Somyot Poompanmuang: "Die Verdächtigen waren geständig, weil sie mit einer erdrückenden Beweislast konfrontiert wurden". Als Motiv für das Attentat nannte er politische Hintergründe, die mit Menschenhandel ("Human Trafficking") zu tun hätten. Die Verdächtigen seien Mitglieder eines Menschenhandel-Rings, die durch eine "böswillige Gruppe" angestellt worden seien, um das Verbrechen zu begehen". Mehr wollte er nicht dazu sagen!

Unterdessen wurden gegen weitere 17 mutmaßliche Hintermänner, die unter anderem im Malaysia aufgespürt wurden, weitere Haftbefehle erlassen. Quellen: Bangkok Post/The Nation/Royal Thai Police


Und hier nochmals ein Rückblick auf das
, was am 17. August 2015 geschah: >>> Bombenanschlag in Bangkok 

Nathalie Gütermann/Fotos: Screenshots YouTube


Bei dem Anschlag am Erawan-Schrein waren am 17. August 20 Menschen getötet und 120 weitere verletzt worden. Die meisten der Opfer kamen aus China. Das Motiv für die Tat ist bis heute unklar, doch im September hatten die thailändischen Behörden erstmals von einer möglichen Verbindung mit der muslimischen Minderheit der Uiguren in China gesprochen.

Detaillierte Fotogalerie des "Lokalaugenscheins" auch auf:
bangkokpost.com/photo/photo/708220/erawan-bomb-re-enactment

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