Khao Yai: Thailands beliebtester Nationalpark

Wir schlagen uns durch den Dschungel in Thailands beliebtesten Nationalpark Khao Yai und wandern in Fußstapfen – und frischem Dung – wilder Elefanten.

Respekt beschreibt am besten das Gefühl, das sich spätestens nach einigen hundert Metern Fußmarsch in den Dschungel einstellt: Respekt vor der beeindruckenden Kulisse, dem atemberaubend schönen und doch für uns so lebensfeindlichen Terrain. Wenn der Pfad das erste Mal etwas schmaler wird oder sich fast in brusthohen Büschen verliert wird plötzlich klar, wie leicht es ist, sich im Dschungel zu verlaufen. 
Dann der erste Fehler – die Markierungen bleiben aus und der Weg zurück für die letzten hundert Meter sieht so fremd aus. Kamen wir hier von rechts oder von links? Nach ein paar Versuchen hier und dort endlich der erlösende rote Punkt – war doch gar nicht so schwer! Die unterschwellige Angst schwindet im kleinen Triumph über die Wildnis, doch wir wissen: als nächste Falle wartet der Leichtsinn – und dann das Blair Witch Project…

Der rote Pfad

Wir haben uns für Trail 1 entschieden, den roten Pfad vom Visitor Center zum beliebten Wasserfall Haew Suwat, von dem Leonardo DiCaprio in „The Beach” hinunter springt - ...ins vermeintliche Paradies. Wir fühlen uns heute ähnlich abenteuerlustig wie einst Leonardo, als uns der Ranger am Informationsschalter den Pfad als „fordernd” beschreibt. Nach einem prüfenden Blick auf unsere Stiefel nickt er und gibt uns ein paar Instruktionen. Drei bis vier Stunden soll der Marsch laut Fährtenbuch dauern, ein Schild am Eingang zum Pfad empfiehlt die Mitnahme eines ortskundigen Führers. Doch wir sind ja schon zu dritt und wollen unser Tempo selbst bestimmen. Kompass, Wasser, Bananen und spezielle Socken gegen Blutegel gehören zu unserer Ausrüstung und werden sich als unabdinglich erweisen. Die erste Überraschung dann nach hundert Metern: Die Egel sind gar nicht so groß (und sichtbar) wie erwartet und haben sich bereits jetzt unbemerkt an unsere Schuhe geheftet. Wacker hangeln sie sich von dort immer höher zum Hosenbund und wir bleiben stehen, um sie mit dem mitgebrachten Salz zu beseitigen. In regelmäßigen Abständen ertönt nun der Ruf „Salz!” durch das Dickicht aus armdicken Lianen, mächtigen Wasserfällen und undurchdringlichen Bambusstauden

Oh Gott, wo ist der rote Punkt?

Nur ein anderer Ruf wird auf dieser Tour noch öfter erschallen, wenn auch weniger hysterisch: Der Ruf nach dem roten Punkt. Unser Trail 1 ist wie alle der 18 offiziellen Pfade in Khao Yai ursprünglich von wilden Elefanten getreten worden, die hier noch heute regelmäßig entlang wandern. Er wird unzählige Male gekreuzt von anderen Wildtierpfaden, weshalb Parkwächter den Hauptpfad mit roten Farbmarkierungen an Bäumstämmen und Lianen gekennzeichnet haben. Es dauert nicht lange bis wir zum ersten Mal vom rechten Weg abkommen. Alles ist plötzlich völlig fremd und wir stehen an Weggabelungen, die uns zuvor nicht aufgefallen waren. Dann endlich...wir sehen ihn wieder, den roten Punkt!

Der Umweg ist das Ziel

Es stellt sich heraus, dass hier ein Urwaldriese vor nicht zu langer Zeit umgestürzt ist und eine Reihe anderer Bäume sowie unseren Pfad unter sich begraben hat. Solche Hindernisse gibt es öfter und es kann durchaus schwierig werden, den gekennzeichneten Weg nach einem solchen Umweg wieder zu finden. Andere Hindernisse: zu überquerende Bäche und Lagunen (Foto links), oder glitschige Steilhänge. Es ist übrigens nicht ratsam, sich an vorhandenen Schildern zu orientieren: Von den zweien die wir gesehen haben, war ein Wegweiser heruntergefallen und der andere schlicht falsch herum angebracht worden!

Natur-Wildgehege & Weinberge

Khao Yai ist der älteste Nationalpark Thailands und der meistbesuchte. Zu den Tieren, die hier noch in freier Wildbahn leben, gehören unter anderem Schwarzbären, Wildschweine, Leoparden, Elefanten, Tiger, Rehe und Affen – doch die meisten wird man selbst mit Führung kaum zu Gesicht bekommen. Außer den Egeln haben wir  nur mit einer anderen Tierart Bekanntschaft gemacht: einer giftgrünen Baumviper, die sich genau zwischen unsere Füße fallen ließ. Schließlich folgen wir einem frischen Elefantenpfad. Eine Herde hat eine Art Treppe in den steilen Hang hinab zum Haew Sai getreten, die wir dankbar für eine Exkursion zum kleinen Bruder des berühmten Wasserfalls stromaufwärts benutzen. Außerhalb der Regenzeit ist es möglich von hier bis zum Haew Suwat durch das Flussbett zu trecken. Wer auf der Suche nach einer unschlagbaren Aussicht über den Urwald ist, dem seien die Pfade 4 (Pink Trail) und 11 ans Herz gelegt. Letzterer ist zwar ganz im Süden des Parks und über einige steile Pässe nur mit dem Auto zu erreichen, mit seinen 30 Minuten Wanderzeit aber ein perfekter Schnupperpfad für den weniger abenteuerlustigen Besucher.

Eine Nacht im Dschungel

Natürlich bietet Khao Yai auch interessante Routen für Leute mit Trekkingerfahrung, denen man allerdings wegen fehlender Markierung und vieler wilder Abzweigungen nur mit ortskundiger Begleitung folgen kann. Nach Voranmeldung im Visitor Center ist eine Privattour möglich - und wer will, inklusive Übernachtung.  Als wir trotz unseres strammen Marschtempos nach gut sechs Stunden den malerischen 20-Meter-Wasserfall am Ende unseres Trails erreichen, ist uns nach einem Abstieg zum Fluss selbst nicht mehr zumute. Nass und matschig, aber glücklich, trotten wir zum Parkplatz nahe der Aussichtsplattform. Von hier fahren Pick-ups zurück zum Hauptquartier. Zum Entspannen bieten sich im Khao Yai Nationalpark auch Besuche der umliegenden Weinberge an. Darüber wird Thaizeit in der nächsten Ausgabe berichten.
Unser Souvenir für die nächsten Tage: ein heftiger Muskelkater. Aber diesen nehmen wir nach unserem einzigartigen Urwald-Abenteuer gerne in Kauf. Auch wenn wir manchmal rot gesehen haben, war unsere Dschungel-Tour im Großen und Ganzen stets im grünen Bereich!

Alexander Heitkamp


SCHUTZ GEGEN BLUTSAUGER Die beste Zeit für Wanderungen durch den Dschungel in Khao Yai ist zu Beginn der Regenzeit (Juli-August) und in der Hochsaison (Dezember-Januar). Bei Feuchtigkeit sind viele Blutegel unterwegs; kleine Biester denen aber mit ein paar Tricks beizukommen ist: - Unbedingt spezielle “leech socks” im Visitor Center kaufen (50 Baht) und bis unter die Knie ziehen, fest zubinden. - Eine Packung Salz (5 Baht) mitbringen zum Streuen auf Egel, die bereits Stiefel oder Hosenbein erklimmen; sie fallen sofort ab. - Moskitospray auf Socken und Schuhen hilft zumindest vorübergehend. Sollte sich doch einmal einer festgesaugt haben, keine Panik: Die Blutung dauert zwar eine Weile an, ist aber harmlos. Krankheiten übertragen die Egel keine, doch sollte die Wunde gegen eine bakterielle Infektion desinfiziert werden. ORIENTIERUNG Neulinge sollten unbedingt auf den ausgezeichneten Pfaden bleiben, besonders wer weder Kompass noch Karte (150 Baht, inkl. Bestimmungsbuch im Visitor Center) mitbringt. In Notfällen die Ranger anrufen, die man vor einer längeren Wanderung stets über die geplante Route informieren sollte (Tel.: 037-3190002 Ext.509). Wer auf Nummer sicher geht, bucht schon vorher telefonisch Führer und Unterkunft über das Visitor Center. ÜBERNACHTUNG Im Park gibt es Campingplätze in gutem Zustand, doch viele Besucher übernachten in Pakchong und den umliegenden Hotels und Ressorts. Jeder bessere Reiseführer kann hier gute Empfehlungen für alle Budgets geben. 

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