Bangkok:

Die dunkle Seite des Chatuchak Markts

Abendlicher Besuch auf Bangkoks Chatuchak Markt.


Stickig heiß und ein Gewusel wie in einem Ameisenhaufen: So kennt man den größten Markt Thailands, den Chatuchak-Wochenendmarkt. Nebst hippen Designerkleider,  Ethno-Schmuck von thailändischen Bergstämmen, handgefertigtem Geschirr oder hunderten von gefälschten Marken-Handtaschen hat der Markt aber auch noch ein weniger bekanntes Gesicht: Wenn’s dunkel wird verwandelt sich Bangkoks Wochenendmarkt in einen Geheimtipp für Nachtschwärmer.
Die Sonne steht tief und wirft ein warmes Abendlicht in die engen Gassen des Marktes. Menschmassen bewegen sich wie zähe Lava in Richtung U-Bahnstation. Beladen mit prallgefüllten Taschen versuchen Tausende von Marktbesuchern ihre Beute nach Hause zu schaffen, oder zumindest zurück ins Hotel. Doch was die wenigsten der schweißüberströmten Touristen wissen: jetzt geht’s eigentlich erst richtig los auf dem Chatuchak.

Margarita Spezialmix

Uu hat alle Hände voll zu tun, um diese Zeit herrscht bei ihm Hochbetrieb. Mit theatralem Schwung gießt er einen zünftigen Schluck Tequila in den Mixbecher um diesen auch gleich über seinen Kopf  wirbeln zu lassen. Dann noch dreimal kräftig auf die Theke klopfen und fertig ist eine weitere Karaffe Margarita, der hier in Strömen fließt.  Uus kleine Bar liegt an bester Lage: An der ersten Hauptgasse des Marktes, da wo alle durch müssen, die eigentlich heim wollen. „Wir haben hier immer voll, vor allem am Abend ist kaum ein Platz zu ergattern“. Sagt Uu mit dem Lachen eines Siegers auf dem Gesicht.  Er hat längst erkannt, dass viele Leute nach einem anstrengenden Einkaufsnachmittag im stickigen Markt leicht zu einem kühlen Drink zu überreden sind. Und so sind denn die paar Holzhocker und die wenigen Tischchen  in Us Auba Aubar auch längst kein Geheimtipp mehr. Für viele wurde Us Bar bereits zum allwöchentlichen Treffpunkt nach dem Markt, ob Samstag oder Sonntag, ab 18.00 Uhr ist Uus Laden voll, auch heute ist das nicht anders. Ein thailändischer Hit trällert aus den Lautsprechern und eine Gruppe gestylter Thais mit Ray-Ban Brillen singt lautstark mit. Uu serviert eine weitere Karaffe Margarita. „Spezial-Hausmix!“ verkündet er, als er die Gläser der singenden Meute vollgießt. Uu ist einer von denen, die seit ein paar Jahren mithelfen, dem Markt auch ein Nachtleben einzuhauchen.

Heute nichts zu feiern

Offiziell schließen die Stände auf dem Chatuchak um 18 Uhr, inoffiziell gibt es aber längst auch diverse Orte auf dem Markt, wo die Rollladen erst um 22 Uhr heruntergelassen werden: Zum Beispiel die Sektion 7. Wer in dieser besonderen Ecke des Marktes zu früh am Morgen auftaucht, findet höchstens ein paar verschlafene Gestalten, die wohl gerade noch ihre vorabendliche Party verdauen: Die Sektion 7 ist das Künstlerviertel, ein kleiner Zipfel am äußersten rechten Rand des Marktes, hier hat auch Paul De Bliek seinen Stand. „Das ist kein Marktstand, das ist eine Galerie“, korrigiert mich der vom Leben gezeichnete Belgier, der in Thailand zusammen mit seiner Frau Mayuree als Künstler aktiv ist. Die Sektion 7 sei definitiv die Nacht-Sektion des Marktes versichert er mir und führt mich durch die kleinen Galerien seiner thailändischen Künstlerfreunde. Die Abteilung wirkt wie ein kleiner Markt für sich, mit Pflanzen dekoriert, von Musik beschallt und immer in schön warmes Licht getaucht, herrscht hier eine angenehm ruhige Stimmung, wie man sie vom sonst so geschäftigen Markt nur wenig kennt. „Heute ist allerdings ein sehr ruhiger Abend“, erklärt Paul und offeriert mir ein Bier aus der kleinen Bar gegenüber. Es sei etwas Schreckliches passiert und deshalb sei hier niemandem so richtig zum Feiern zu Mute: „Ein Künstler hat bei den Demonstrationen gegen die Regierung seine Hand verloren “, weiht mich der Belgier ein.  Damit sei wohl die Karriere des bekannten thailändischen Malers am Ende. Er führt mich zu einem leer geräumten Laden. „Hier, die eingepackten Bilder sind von ihm.“ Er müsste nun wohl hier raus, weil er die Miete seines Ladens nicht mehr bezahlen könne, erklärt Paul. Doch die Künstlergemeinde der Sektion 7 wolle ihren berühmten Kollegen nicht fallen lassen. „Wir haben eine Solidaritätsaktion gestartet und helfen ihm, seine Galerie zu behalten“, sagt Paul und nimmt einen kräftigen Schluck aus seiner Leo-Bierdose. Die Galerie würde neu eingerichtet und alle Künstler der Sektion 7 würde ein Bild spenden, erklärt er. „Mit dem Erlös zahlen wir seine Miete und seinen Krankenhausaufenthalt.“ Paul führt mich weiter, vorbei an einem schicken Restaurant mit Teakholz-Möbeln. „Das ist unser neustes Bijou hier“, sagt er. Das Restaurant habe erst vor kurzem geöffnet und würde vor allem auch tagsüber zu einem neuen Treffpunkt im Künstlerquartier. „Hier gibt’s hervorragenden Kaffee, gutes Essen und Abends tolle Drinks“, weiß der Belgier und fügt an, dass es aber schon teurer sei, als in dem kleinen Laden gegenüber von seiner Galerie.  Und bevor er mich dort zu einem weiteren Bier einladen will, verrät er noch das wichtigste: „Wer wirklich gutes Nachtleben auf dem Chatuchak sucht, muss am 1. Samstag des Monats hierherkommen, Dann eröffnen die Galerien ihre neuen Ausstellungen und das heißt immer gute Stimmung.“

Pascal Nufer


Offiziell schließen die meisten Marktstände auf dem Chatuchak um 18 Uhr. Entlang der Hauptgasse halten viele jedoch ihre Läden bis 19 oder 20 Uhr offen. Hier gibt es auch die meisten kleinen Restaurants und Bars, die zum Teil bis um 22 Uhr geöffnet haben. Es lohnt, sich auf eigene Faust durch die dunklen Gassen des Marktes zu schlagen, denn oftmals findet man so eine spontan ausgerufene Party oder eine versteckte Bar, die noch bis spät nachts Getränke ausschenkt. Am besten geht man dabei aufs Gehör und folgt der Musik. Tipps Restaurant Phikanesa Hervorragende Nudel und Reisgerichte, berühmt für seine rote Suki-Nudelsuppe. Bis ca. 20 Uhr geöffnet, Sektion 23, Soi 2 Würstchen- und Sataystände Ab ca. 18 Uhr versammeln sich die meisten Hünchen- und Würstchenbrater entlang der Hauptgasse und bieten ihre Leckereien feil. Ausprobieren! Auba Aubar Uus Bar, eine Institution auf dem Chatuchak, Margerita oder Caipirinha-JJ-Style sind die Spezialitäten dieses kleinen Ladens. Sektion 4, Stand 298 Viva Aye heißt die Betreiberin der mittlerweile drei Lokale der Viva-Familie. Aye hat nicht nur erkannt, dass Touristen gerne Illy-Kaffee trinken, sondern sie weiß auch, dass manche gute Einfälle beim Sitzen und Trinken kommen. Wer deshalb plötzlich den Stuhl, auf dem er sitzt gleich kaufen will, kann das in Ayes Lokalen tun. Alles was dort steht, ist auch zum Verkauf. Außerdem steht Viva auf dem Chatuchak auch für gute Musik, Tanzen, gute Stimmung und gutes Essen. Viva 1: Sektion 8, an der Hauptgasse Viva 2: Sektion 26, zwischen Soi 1 und 2 (der Musik nach) Viva 3: Sektion 7 (Künstlerquartier), der neueste und edelste Laden von Aye, bald auch mit italienischem Essen

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