Abenteuer Thailand:

Ein Roadtrip in den wilden Westen Thailands

Auf dem Weg nach Sangkhlaburi begegneten wir ursprünglicher Natur, unverfälschter Kultur, ambivalenter Geschichte und traditioneller Küche.


Nur 150 Kilometer Luftlinie sind es von Bangkok bis an die Grenze von Myanmar. Diese wird durch eine Bergkette und dichten Dschungel auf beiden Seiten von Thailand getrennt. Bis Kanchanaburi, bekannt durch die Brücke am Kwai und den nahe gelegenen Tigertempel, befindet man sich noch im Tagesausflugs-Terrain. Danach wird die Umgebung grüner und weniger besiedelt, die Straßen immer kurviger und schmaler...
Perfekt für einen Roadtrip ab Bangkok, dachten wir uns, und machten uns zu sechst auf den Weg, Thailands "wilden Westen" zu erkunden. Sechs Freundinnen, ein Van, und 350 Kilometer bis nach Sangkhlaburi, unserem Ziel.



Kanchanaburi ist unser erstes Etappenziel. Die Stadt am River Kwai und ihre Umgebung haben schon einiges zu bieten: Die aus dem gleichnamigen Film bekannte Brücke am Kwai sowie mehrere Museen und Soldatenfriedhöfe zeugen von Kanchanaburis bewegter Vergangenheit während des zweiten Weltkriegs, als die Japaner hier unter schlimmsten Arbeitsbedingungen und in Rekordzeit eine Bahnlinie von Kriegsgefangenen und Zwangsarbeitern zur Versorgung ihrer Truppen in Burma bauen ließen.
Bis Nam Tok, gute 70 Kilometer hinter Kanchanaburi, ist diese Bahnlinie heute noch in Betrieb: Sechs mal täglich überquert ein Zug die Brücke auf dem Weg von und nach Bangkok. Wer also keine Lust auf einen Road-Trip hat, kann stattdessen für Hundert Baht in drei Stunden mit der State Railway Of Thailand die Strecke bewältigen.

Kanchanaburis andere große Attraktion ist die Natur der Umgebung: wunderschöne Landschaften entlang des Kwai Noi und Kwai Yai River, Trekking in den nahegelegenen Nationalparks, Elefantencamps, Kayaktouren auf dem Fluss – wer gerne draußen etwas unternimmt, wird sich hier nicht langweilen! Organisierte Tagestouren nehmen einem die Planung ab und sorgen dafür, dass man das meiste aus einem Outdoor-Tag herausholt.
Kanchanaburi gilt übrigens auch als ein hervorragender Ort, um einen Thai-Kochkurs zu machen – zu den beliebtesten Anbietern zählt seit langem Apple’s Restaurant auf der West-Seite des Flusses. Wir verzichten auf den Kochkurs, nicht aber auf Khun Apples Kochkünste, und lassen uns zur Mittagspause in ihrem Restaurant vorzüglich bekochen.

Kurvenreiche Strasse

Vor uns liegen noch weitere 200 Kilometer auf der Route 323 bis nach Sangkhlaburi, und so machen wir uns satt und zufrieden wieder auf den Weg. Entlang der Strecke sehen wir zahllose Hinweisschilder zu Golfhotels, kleinen Gästehäuser und zu den beliebten, auf dem Fluss schwimmenden Resorts. Es geht stetig bergauf, die Straße wird kurvenreicher und steiler und wir schrauben uns mit unserem Kleinbus irgendwann nur noch im ersten und zweiten Gang die engen Kurven hinauf. Das ändert sich, als wir den lang gestreckten Khao Laem Stausee (auch bekannt als Vajiralongkorn Lake) erreichen – von der Staumauer des Sees aus sind es noch weitere weitgehend ebene 70 Kilometer bis nach Sangkhlaburi. Zwischendurch erhaschen wir immer mal wieder einen Blick auf den See oder das was davon übrig ist: Wir sind zu Beginn der Regenzeit hier, der Wasserstand ist niedrig. Mit dem Sonnenuntergang geht es einen weiteren Hügel hinauf und wieder hinunter, dann liegt unser Ziel links der Hauptstraße neben uns.

Sangkhlaburi sieht aus, als ob es einen „Unser Dorf soll schöner werden“ -Wettbewerb gewonnen hat. Das fällt uns spätestens am nächsten morgen ins Auge, als wir im Sonnenlicht des frühen Morgens durch die ruhigen Straßen laufen. Liebevoll gepflegte Gärtchen umgeben die Häuser, die Straßen sehen (immer!) so aus, als ob sie gerade frisch gekehrt worden sind, stattliche grün-golden gestrichene Laternenmasten säumen die Straße.

Mon-Siedlungen

Der Ort ist gewissermaßen dreigeteilt: Oben an der Route 323 liegt das neue Orts-Zentrum mit Schule, Busbahnhof, Bank und einigen Geschäften. An den hügligen Hängen entlang des Seeufers und rund um die berühmte Holzbrücke finden sich Wohnhäuser und Resorts, meist mit Blick über den Stausee. Und schließlich gibt es die Mon-Gemeinde auf der anderen Seeseite. Als Anfang der 1980er Jahre nach Fertigstellung der Staumauer die ursprüngliche Mon-Siedlung unter der Wasseroberfläche des Khao Laem Reservoirs verschwand, sicherte der religiöse und politische Führer der Mon, Abt Luang Po Uttama, seiner Gemeinde Landrechte am Ufer des neuen Stausees, wo eine neue Siedlung entstand. Seit 1984 ist sie mit dem Rest Sangkhlaburis durch die ca. 350 meter lange Holzbrücke verbunden. Am Fuß der Brücke auf der Thai-Seite gibt es eine Siedlung mit auf dem Wasser schwimmenden Häuser.


Von dort starten wir am Samstag per Boot zu einer Tour auf dem See. Bei niedrigem Wasserstand kann man sich über den See fahren lassen und rund um den früheren Mon-Tempel spazieren gehen; bei hohem Wasserstand schauen gerade noch die Mauern aus dem Wasser heraus. Das Leben spielt sich hier am und auf dem Wasser ab: Kinder juchzen und baden im See, Fischer gehen mit kleinen Longtail-Booten ihrer Arbeit nach oder schippern Touristen wie uns herum. Hausboote schwimmen auf dem See, und in der trockenen Jahreszeit wird auf dem vom Wasser freigegebenen Streifen fruchtbaren Lands Gemüse gezogen. Die Wochenendgäste aus Bangkok paddeln mit Kayaks herum oder mieten sich für einige Stunden ein Hausboot. Denn Sangkhlaburis Charme machen nicht nur die Sehenswürdigkeiten aus.  Wer sich einfach nur nach Erholung sehnt, sollte Sangkhlaburis Attraktionen links liegen lassen und sich einfach dem liebenswerten Kleinstadt-Flair und der entspannten Atmosphäre in wunderschöner Natur überlassen. Aus einer Sightseeing-Tour wird in Sangkhlaburi ein gemütlicher Dorf-Spaziergang über die Holzbrücke, an der Markthalle vorbei zum Wat Wang Wiwekaram und zurück. Das Graph Café, die Baan Unrak Bakery oder eines der Bistros am Aufgang zur Holzbrücke laden zu einer gemütlichen Kaffeepause ein.

Um dem Roadtrip-Motto treu zu bleiben, kann man sich noch einmal ins Auto schwingen und für die verbleibenden 24 Kilometer zum Theres Pagonas Pass und dem Souvenir Markt an der thailändisch-burmesichen Grenze fahren. Der Grenzübergang ist seit einigen Jahren geschlossen, denn auf der burmesischen Seite ist es seit 2010 gelegentlich zu Unruhen und Zusammenstößen zwischen der Armee, den Rebellengruppen der Karen und den Mon gekommen.

Trotzdem verkündete der Eisenbahnminister von Myanmar im Mai diesen Jahres, dass die Regierung derzeit prüfe, die als „Death Railway“ bekannte Eisenbahnstrecke über den Theres Pagonas Pass, (die Thailand und Burma kurze Zeit während des Zweiten Weltkriegs verband), wieder instand setzen und eröffnen zu wollen. Nach der Regenzeit diesen Jahres soll die Machbarkeit dieses Unterfangens geprüft werden; man erhofft sich eine wirtschaftliche Belebung der abgelegenen Region durch ein solches Infrastrukturprojekt.

Tragödie am Kwai

Wer sich bis dahin selber einen Eindruck von der „Death Railway“ und ihrer Geschichte verschaffen will, kann dies im beeindruckenden Hellfire Pass Museum tun, bei dem wir auf dem Rückweg nach Bangkok einen Stopp einlegen. Unter australischer Federführung entstand hier ein kleines, aber feines Museum. Es liegt oberhalb des sogenannten „Konyu Cutting“ oder „Hellfire Pass“ - ein besonders schwieriger Abschnitt des Eisenbahnprojekts. Das Museum informiert über die Leiden der ca. 200.000 asiatischen (Zwangs-)Arbeiter und 60.000 Kriegsgefangenen, die hier unter japanischer Aufsicht in nur 17 Monaten unter erbärmlichsten Arbeitsbedingungen 415 Kilometer Bahnstrecke im dichten Dschungel bauten. Aus einem 7 Kilometer langen Teilabschnitt der Death Railway ist ein Wanderweg durch eine großartige Dschungellandschaft geworden. Mit den nächsten Kilometern reisen wir weiter zurück in die Geschichte Thailands (und weiter zurück in Richtung Bangkok). Ca. 30 Kilometer vor Kanchanaburi zweigen wir von der Route 323 nach rechts ab zum Prasat Mueang Singh National Park – der westlichste Posten in der Geschichte des Khmer Reichs, eine Miniaturausgabe der Khmer-Architektur in einer wenig besuchten parkähnlichen Anlage, die in einer Schleife des Flusses liegt. Streng symmetrisch angelegte Tempel- und Palastanlagen aus dunkelrotem Stein und im Stil von Angkor Wat sind in einem gepflegten grünen Park verstreut - der frühere Aussenposten eines einstmals mächtigen Reiches. Für Wissbegierige gibt es ein kleines Museumsgebäude oder eine Audiotour für den eigenen MP3-Player (liegt zum Abholen auf einem Speichermedium im Büro bereit).   Nach dieser Etappe haben wir genug Natur, Kultur, Geschichte und Essen genossen, steigen in unseren Bus und freuen uns auf den nächsten Roadtrip... 

Annette Heile

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