Bangkok:

Zwischen Klein-China und Klein-Indien

Bangkok ist multikulturell – und zwei Gruppen dominieren auf farbenfrohe Art und Weise.


Bangkoks chinesische und indische Enklaven sind sicher die größten und lebhaftesten ethnischen Gemeinschaften in der Stadt – und nur einige Schritte voneinander entfernt. Das geschäftige Yaowarat, das Chinaviertel der Hauptstadt, ist ein Erlebnis sowohl für Frühaufsteher als auch für Nachtschwärmer.
Chinatown verzaubert seine Besucher zu fast jeder Tages- oder Nachtzeit. Die farbenfrohe, traditionsreiche Nachbarschaft wird von Nachkommen der frühen chinesischen Händler bewohnt. Der Stadtteil wird Yaowarat genannt, nach der sich hindurch windenden Hauptstraße, und ist einer der ältesten Bangkoks.
Der offizielle Stadtdistrikt heißt Sampantawong. Hierher sind die Chinesen vor mehr als 200 Jahren umgezogen, nachdem Bangkok zur Hauptstadt wurde und der ursprüngliche Chinesendistrikt in Phra Nakon unter anderem für den Bau des Grand Palace gebraucht wurde.
Im Herzen von Yaowarat befindet sich ein wahres Einkaufsparadies. Mit der größten Anzahl von Goldgeschäften in ganz Südostasien bietet es tagsüber eine unglaubliche Auswahl an wunderschönen Halsketten, Ringen und Accessoires. Nachts kommen Besucher, um hier die beste chinesische Küche zu genießen und jahrhundertealte Rezepte zu kosten. Yaowarat pulsiert mit Leben und Energie, obwohl sich die Bewohner dort noch stark an den alten Traditionen orientieren.

von heilkräutern und plastikschlappen

Das Ae-Sae-Kaffehaus öffnete seine Türen erstmals vor 70 Jahren in einer kleinen Seitengasse neben der Songwat-Straße und ist ein Treffpunkt für Alteingesessene aus der Nachbarschaft. Hier beobachten wir überall kleine Gruppen von Männern, die in Mandarin lautstark diskutieren oder in Thai den wichtigsten Klatsch vom letzten Fußballspiel oder der letzten politischen Krise verbreiten. Die Unzahl schmaler Seitenstraßen und noch engerer Gassen ist bis zum Bersten voll mit kleinen Geschäften und Einkaufsständen, die alles feilbieten, was man sich vorstellen kann – von Lebensmitteln über Bekleidung bis zu elektronischen Waren. Die geschäftstüchtigen Händler bieten Heilkräuter, Accessoires, Religiöses und Dekorationen zum nächsten chinesischen Fest an, direkt neben Haushaltsgeräten, Spielzeug und Plastikschlappen. Touristen beginnen ihre Tour durch Yaowarat oft am Trai-Mit-Tempel, wenige Schritte von der Kreuzung der wichtigsten Straßen des Viertels entfernt, Charoenkrung und Yaowarat. Dieser Tempel ist die bekannteste Touristenattraktion in Chinatown, hier entleeren sich Busladungen mit Besuchern aus der ganzen Welt, die herbeiströmen, um der 5,5 Tonnen schweren Buddhastatue aus der Sukhothai-Periode ihren Respekt zu zollen. Ganz in der Nähe befindet sich der Chalermprakiat-Bogen, auch „Tor zu Chinatown“ genannt, ein symbolisches Wahrzeichen, in dessen Umgebung die Festlichkeiten für das chinesische Neujahr stattfinden.

jahrhundertealtes labyrinth

Einen großen Teil seines Charmes und seiner Attraktivität verdankt Yaowarat den teilweise jahrhundertealten Geschäftshäusern, die sich in einem Labyrinth gewundener Seitengassen aneinanderreihen. Hier befinden sich auch einige alteingesessene Bäckereien, zu deren Spezialitäten die süßen Hochzeitsgaben für chinesische Heiratszeremonien gehören. In einem heruntergekommenen alten Geschäftshaus, das so aussieht, als hätte es seit seiner Eröffnung keinen Anstrich mehr gesehen, können Besucher unter einem verschmierten und verstaubten Deckenventilator aromatischen Jasmintee und frisch gekochten Kaffee schlürfen und Großmüttern zuhören, die nachmittags ihren Kaffeklatsch austauschen. In der gleichen Straße findet man einen traditionellen Herrenfriseur, bei dem Rasier-Klappmesser und andere primitive Werkzeuge in Gebrauch sind. Eine fast in Vergessenheit geratene Attraktion für Touristen ist die chinesische Pei-Ing-Schule aus dem Jahr 1920. Sie war ursprünglich für Kinder aus hochrangigen Familien erbaut worden. Die Gebäude im Kolonialstil sind nach vielen Jahren noch gut erhalten. Die Schule fördert chinesische Kultur und Traditionen, zum Beispiel durch kulturelle Austauschprogramme und regelmäßige Veranstaltungen. Unweit hiervon ist die erste Zweigstelle der Bangkok Bank in der Soi Mangorn, einer anderen schmalen Seitengasse, in der besonders am frühen Nachmittag ein reges Treiben herrscht.

Ein Ort für Gebet und Erfrischung

In Yaowarat findet man überall Schreine für die vielen chinesischen Gottheiten. Sie sind eine alltägliche Selbstverständlichkeit überall im Viertel, und jede bewahrt ihren besonderen Reiz. Pilger und neugierige Touristen fühlen sich gleichsam angelockt. Der Leng-Buai-Ia-Schrein soll schon vor 200 Jahren erbaut worden sein und zeigt typisch chinesische Architekturmotive: Ein Dach aus Ziegeln mit farbiger Glasur und zwei Drachen aus Gips auf dem Giebel. Hierher zieht es die einheimischen Händler; sie beten für ein gutes Geschäft. Der Schrein ist von 7 bis 17 Uhr geöffnet. Ein weiterer Schrein, der weit über die Grenzen von Yaowarat Berühmtheit erlangte, ist der sehr verehrten chinesischen Göttin Kuan Yin gewidmet. Er befindet sich am Eingang zur Tian-Fa-Stiftung, welche 1902 von chinesischen Einwanderern gegründet wurde, und bietet kostenlose, ärztliche Behandlung für Patienten in finanziellen Schwierigkeiten. Hier beinhalten die Gebete wohl meistens Bitten um gute Gesundheit und, unvermeidlich, Wohlstand. Eine weiterer Ort des Gebets ist der 140 Jahre alte Schrein für Kuan U in einem engen Winkel eines betriebsamen Marktes. Da Kuan U als Gottheit für Redlichkeit verehrt wird, kommen oft Geschäftsleute, um für eine erfolgreiche Abwicklung ihrer Geschäfte zu beten. Nach Anbruch der Dämmerung füllt sich Chinatown schnell mit hungrigen Besuchern. Hier gibt es sowohl die besten Straßenküchen in der ganzen Stadt und berühmte chinesische Gourmet-Restaurants. Was im Einzelfall hier in den Suppentopf kommt, wollen wir jedoch nicht so genau wissen. Die große Auswahl an hervorragenden, auch für Ausländer wunderbar geeigneten Speisen an den Ständen und in den Restaurants entlang der Yaowarat-Straße und in den vielen Seitengassen ist ein Erlebnis. Das Hauptgeschäft wird hier nach 21 Uhr gemacht.

Ein Tor zum indischen Subkontinent

Pahurat ist auch als Klein-Indien bekannt und nur einige Gehminuten von Yaowarat entfernt. In dieser Umgebung mit hauptsächlich aus Punjab stammenden Menschen wohnen Hindus und Sikhs, deren Vorfahren an der gleichnamigen, im Jahre 1898 erbauten Straße ihre ersten Geschäfte eröffneten. Heute ist ein offener Markt entlang der Chakkraphet-Straße das Zentrum der ethnischen Gemeinschaft. Es herrscht eine reiche Mischung aus indischen Restaurants, traditionellen Stoffgeschäften und Händlern, die von indischen Accessoires und neuesten Bollywood-Filmen bis zu original importierten Gewürzen so ziemlich alles anbieten.

im gurdwara tempel

Hier befindet sich auch der sechsstöckige Sikh-Tempel Sri Guru Singh Sabha, der im Jahr 1932 fertiggestellt wurde. Er gilt als größter Sikh-Tempel außerhalb Indiens und dient sowohl als Ort des Gebets, als auch als Zufluchtsstätte für Mittellose, an die tägliche Mahlzeiten verteilt werden. In dem Tempel, der auch als Gurdwara bekannt ist, lässt sich das Leben der Sikh-Gemeinschaft wunderbar beobachten. Das Morgengebet ist ein wichtiger Teil im Tagesablauf. Großer Wert wird auch auf Wohltätigkeit gelegt, sie wird schon in jungen Jahren gelehrt. Im Tempel werden Hochzeiten und viele andere religiöse Zeremonien organisiert. Der Gurdwara, was soviel heisst wie „Tor zum Guru“, ist ein stiller Ort des Gebets. Beim Betreten des Tempels werden als Zeichen des Respekts die Schuhe ausgezogen und der Kopf bedeckt. Es ist auch interessant zu wissen, dass Sikhs als Zeichen der Gleichheit beim Gottesdienst auf dem Boden sitzen. Hymnen werden aus dem heiligen Buch der Sikhs gesungen, dem Guru Granth Sahib. Danach wird ein vegetarisches Mittagsmahl eingenommen, ebenfalls auf dem Boden sitzend. Touristen sind nur nachmittags zugelassen.

tandoori und masala

Ein guter Ort zum Studieren dieser verschworenen Volksgemeinschaft ist die Soi Pratu Lek Yai, eine Seitenstraße entlang des India-Emporium-Einkaufszentrums. Wer indische Gewürze sucht, geht zu Tante Rasamis Geschäft, das sicher schon mehr als ein halbes Jahrhundert erlebt hat. An der Chakkaphet Straße sind außer des berühmten Royal India Restaurants noch eine Reihe anderer Lokale zu finden, in denen man typisch indische Gerichte genießen kann. Überall gibt es vegetarische Speisen, die von den Bewohnern vorgezogen werden. Für Nicht-Vegetarier werden Tandoori-Huhn oder Fisch- und Hühner-Masala angeboten. Außerdem gibt es Dal und feine Fladenbrote wie Nan, gefüllt mit Knoblauch, Käse oder Zwiebeln. Pahurat Plaza ist eines der ältesten Stoffzentren für den Großhandel, man findet hier eine Vielzahl von Mustern und indische Accessoires. Einen Besuch lohnt auch das Old Siam, wo handgefertigte Tonwaren, Dekorationen für das Heim und Kleidung feilgeboten werden. Übersetzung mit Unterstützung von Veronika Thananan

Bredget Sadoc

Wie gefällt dir dieser Beitrag?

Keine Bewertung

Deine Meinung ist uns wichtig! Bewertung abgeben


Weitere interessante Artikel