Das alte Bangkok:

Diesseits und jenseits des Chao Phraya

In einer Stadt mit den Ausmaßen und der Verkehrssituation Bangkoks gerät man leicht in Versuchung, sich in seinem Aktionsradius zu beschränken – Wohnen, Arbeiten, Ausgehen, Silom, Sathorn, Sukhumvit – war da sonst noch was?


Ja! Zum Beispiel das historische Stadtzentrum Bangkoks, Rattanakosin, die Halbinsel in einer Biegung des Chao Phraya River, durch Kanäle vom Rest der Stadt abgegrenzt. Die Liste der Sehenswürdigkeiten ist lang und steht in jedem Reiseführer: Grand Palace und Jadebuddha, Wat Po mit seiner berühmten Massageschule und Wat Arun, der Tempel der Morgenröte auf der anderen Flussseite.
Um aber Spuren des alten Bangkoks, der Atmosphäre und des Lebensstils zu finden, braucht es mehr als eine rasante TukTuk-Fahrt von Attraktion zu Attraktion mit einem Stop beim Schneider oder Juwelier. Findige Holländer (und auch Australier) machten daraus eine Geschäftsidee: Fahrradtouren in Bangkok, durch grüne Oasen in der Stadt, über Märkte und Brücken und durch kleine Gassen. Das Angebot ist groß und die Vielfalt der Touren inzwischen auch. Wir waren mit Grasshopper Adventures unterwegs, um auf beiden Seiten des Chao Phraya im gemächlichen Fahrradtempo Bangkok neu zu entdecken.



Auf ihrer Website beschreiben die „Grashüpfer“ dies auch als ihre Tour durch’s „nicht berühmte Bangkok“ – was erwartet mich also heute auf der Tour? Und was werden meine 12-jährige Tochter Paula und ihre Freundin Gabi davon halten, drei bis vier Stunden auf dem Fahrradsattel durch die April-Hitze zu radeln, ohne mit spektakulären Zwischenstopps belohnt zu werden?

Gassen von Banglamphu


Den ersten Kommentar bekomme ich schon im Grasshopper-Shop an der Racha- damnoen Avenue zu hören: „Der Sattel ist aber hart“ – klar, das hier sind ja auch anständige Merida-Mountainbikes, da gehört das dazu. Ansonsten gibt es aber nichts zu meckern an den Rädern, die passende Rahmengröße und der passende Helm für jeden Teilnehmer der Tour im Alter von drei bis 43 Jahre ist schnell gefunden und für den kleinsten, den 3-jährigen Mikael, wird schnell noch ein Kindersitz an Papas Rad geschraubt.
Khun Seen, unser Guide, erläutert uns ein paar Eckpunkte der Tour und schon geht es los, auf dem breiten Gehweg der Rachadamnoen Avenue und hinein in das Gewirr der Gassen von Banglamphu. Während die Backpacker langsam die Frühstücksrestaurants bevölkern, rollen wir die Khao San Road entlang, durchqueren ein Tempelgelände und bringen mit unserer neunköpfigen Gruppe den Verkehr beim Überqueren der Straßen jeweils kurzzeitig zum Erliegen – das sind Bangkoks Verkehrsteilnehmer gewohnt und sorgt weiter nicht für Aufregung. Khun Seen lotst uns durch kleine Gassen, Parks und am Fluss entlang zum Phra Sumen Fort, wo wir einen kurzen Stopp einlegen, bevor wir auf dem Fußgängerweg der Rama VIII Brücke den Chao Phraya überqueren. Eine majestätische Brücke, darunter der breite Strom, darüber der strahlend blaue Himmel und eine leichte Brise die den Schweiß des moderaten Anstiegs trocknet – ja, eine Fahrradtour in Bangkok macht Spaß und eröffnet ganz neue Blickwinkel auf die Stadt!

Sehens(un)würdigkeiten


Auf der anderen Flussseite befinden sich die meisten der Sehens(un)würdigkeiten, die wir im Laufe unserer Tour ansteuern: Ein fast verfallener und fast vergessener ca. 300 Jahre alter Tempel, der im Gewirr der kleinen Häuser beinahe verschwindet, der Schildkrötenteich auf einem anderen Tempelgelände, das „Dorf auf Stelzen“ das über dem Wasser des Bangkok Noi Kanal entstanden ist. Das Royal Barge Museum haben wir links liegen gelassen (zu berühmt!), stattdessen können wir einige Meter weiter durch ein Tor einen Blick auf das Lager all derjenigen königlichen Boote werfen, die keinen Platz mehr im Museum fanden. Aber die wirklichen Attraktionen sind die Eindrücke entlang des Weges, zum Beispiel die Gruppe von Mädchen und Jungen, denen anzusehen ist, wie gerne sie uns in ihre Wasserspiele miteinbeziehen würden (schließlich ist bald Songkran, das thailändische Neujahrsfest) – schelmisch grinsen sie uns an, trauen sich dann aber doch nicht und spritzen sich lieber gegechön) betitelt – als Ausländer sind wir in diesem Teil der Stadt vielleicht Exoten, als Fahrradfahrer aber nicht. Mit dem Auto wäre kaum eins der Häuser hier zu erreichen, mit dem Boot manche, mit dem Fahrrad (oder Motorcycle) aber alle, und so sehen wir immer wieder andere Fahrradfahrer.

Munteres Markttreiben


Khun Seen gibt eine runde kalte Getränke aus, erfrischt setzen wir unsere Tour auf der anderen Seite des Bangkok Noi-Kanals fort, vorbei am Tempel Wat Suwanna-Ram und entlang des Kanals auf einer kleinen Uferpromenade, bis wir scharf rechts abbiegen und in einer schattigen Markthalle halt machen: in der ansonsten ziemlich verwaisten ca. 100 Jahre alten Halle stärken wir uns mit Klebreis und Mango, der hier noch ganz traditionell im Bananenblatt serviert wird. Gabi und Paula sind verschwitzt, aber zufrieden und dürfen sich (dank an unseren Guide!) noch eine weitere Cola gönnen. Das Markttreiben hat sich vor Jahren anderswo hin verzogen – die Verkäufer und Kunden, die früher per Boot über Klong und Fluss zum kaufen und verkaufen kamen, sind zu anderen Märkten abgewandert, die mit dem Auto zu erreichen sind. Den kleinen blonden Mikael hätten wir trotzdem ohne Probleme hier noch verkaufen können: Eine kleine Oma, im Sarong und mit vom Betelnuss kaufen geschwärzten Zahnstumpfen in ihrem herzlich lachenden Gesicht würde ihn am Liebsten gleich mitnehmen.



Mikael darf doch wieder hinter Papa in seinen Fahrradsitz steigen, und wir machen uns auf den Weg. Nach einem halt in der Bemerkenswerten Bronze-Werkstatt von Khun Metta werfen wir noch einen Blick auf die alten Lokomotiven des Thonburi-Eisenbahndepots, den Wat Phraya Siri Aisawan mit seinen drei Stupas und auf das Siriraj Hospital, bevor wir unsere Fahrräder durch das Gewimmel des Wang Lang Marktes auf eine Fähre schieben und zurück nach Rattanakosin übersetzen. Wieder zwischen den berühmten Sehenswürdigkeiten angelangt radeln wir vorbei am National Museum und dem erst kürzlich renovierten Sanam Luang Platz bis unser Guide Khun Seen die ganze Gruppe sicher wieder am Grasshopper Shop abliefert. Paula und ich haben schon überlegt, welche anderen Fahrradtouren wir gerne in und um Bangkok noch ausprobieren würden – vielleicht ja auch mal eine der mehrtägigen Touren? Es gibt noch viel zu entdecken!

Geführte Fahrradtouren in Bangkok


Grasshopper Adventures
www.grasshopperadventures.com, 57 Rachadamnoen Avenue (nahe der Khao San Road), Tel. 02-280 0832, journeys@grasshopperadventures.com. Tagestouren in Bangkok und mehrta?gige Trips in ganz Asien vom australischen Spezialisten fu?r Fahrradreisen.
Co Van Kessel
www.covankessel.com, Grand China Princess Hotel, 215 Yaowarat Road (Chinatown), Tel. 02-688 9933 und 087-054 9878, covankessel@yahoo.com. Fahrradtouren mit Ausgangspunkt Chinatown (3 Stunden, 5 Stunden oder ganzta?gig) und alternativen fu?r Fußga?nger zu Fuß und per Boot.
Spice Roads
www.spiceroads.com, 14/1-B Soi Promsri 2, Sukhumvit Soi 39, Tel. 02-712 5305 und 089-895 5680, info@spiceroads.com. Vielleicht die beste Auswahl an ganzta?gigen Touren rund um Bangkok – Mountainbiking, Ayutthaya per Fahrrad oder Floating Markets.
ABC Amazing Bangkok Cyclists
www.realasia.net, 10/5-7 Soi Aree, Sukhumvit Soi 26, Tel. 02-665 6364, 081-812 9641, info@realasia.net. Inhaber Michael Hoes ist einer der Fahrradveteranen Bangkoks und bietet u.a. Touren in die „gru?ne Lunge Bangkoks“, Bang Krachao, seit 1989 an.
Recreational Bangkok Biking
www.bangkokbiking.com, Rama III Road Soi 71, Yannawa, Tel. 02-285 3955 oder 02-285 3867. Tages- und Halbtagestouren in Bangkok, Chiang Mai und Pattaya – und die „Rickshaw & Hike“-Alternative fu?r Nicht-Fahrradfahrer.


Thaizeit

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