"Bangkok Noir":

In memoriam Roger Willemsen

Der bekannte TV-Moderator & Journalist Roger Willemsen ist im Alter von nur 60 Jahren verstorben. Hier ist unser Nachruf mit großartigen Fotos und einem Interview mit Ralf Tooten, der mit ihm gemeinsam das Buch "Bangkok Noir" produzierte. Die beiden hatten sich drei Monate lang Nacht für Nacht durch Bangkok treiben lassen. Das Ergebnis lesen Sie hier...


 "Wen die Götter lieben, den rufen sie früh zu sich. Roger wir werden dich sehr vermissen".
(Ralf Tooten, Bangkok am 8. Februar 2016)

Nach seiner Krebsdiagnose im August 2015 hatte der allseits bekannte Bestsellerautor und frühere Fernsehmoderator (u.a. "Willemsens Woche", "Literaturclub") alle öffentlichen Auftritte abgesagt. Nur wenige Monate später, am 7. Februar 2016, starb Roger Willemsen an den Folgen seiner schweren Erkrankung in Hamburg.

Große Trauer und Bestürzung bei Freunden, TV-Sendern und auf sozialen Netzwerken über den viel zu frühen Heimgang des "charmanten und intelligenten Intellektuellen", der "als einer der Besten" die deutsche TV-Landschaft jahrelang mitprägte und später als Schriftsteller (u.a. "Das Hohe Haus") literarische Erfolge feierte.

In Schwarz eingehüllt:
"Bangkok Noir"...!

Zu seinen brillanten Werken gehörte auch das Buch "BANGKOK NOIR", in dem Willemsen in reflektierenden Sequenzen die nächtlichen Ereignisse in einer seiner Lieblingsstädte beschreibt. Gemeinsam mit dem renommierten deutschen Fotograf Ralf Tooten ( "R.C.A Open Air Portaits" - Thailands Bauarbeiter, "Eyes of Wisdom"), der bereits seit über einem Jahrzehnten in Bangkok lebt und die Stadt wie seine Westentasche kennt, ging Roger Willemsen Nacht für Nacht ab 18 Uhr "auf die Straße", und kehrte erst wieder im Morgengrauen in sein Appartment zurück.

Dabei entstanden neue, ungewohnte Sichtweisen auf die brodelnde Metropole. Neben dem berühmt-berüchtigten Nachtleben in Rotlichtvierteln mit ihren Karaoke Bars, „Soaplands“ und Massage Parlours, bekommt der Leser auch Einblicke in Plätze, die jenseits des Bangkok-Klischees liegen, und an denen sich das nächtliche Leben verdichtet: die Schlafplätze der Elefanten, Kickbox-Studios, Ambulanzen, Wahrsager, Tempel und Märkte, Armenviertel und Vieles mehr. Das Ergebnis: eine Liebeserklärung an die "Stadt der Engel"!

Ganz nebenbei saugt der Betrachter den Thai-Lifestyle und Spirit bei der Lektüre des Buches auf, das vor allem auch durch großartige Aufnahmen geprägt ist (Details siehe Infobox unten). Ursprüglich erschien "Bangkok Noir" im Jahre 2009 als großformatiger Bildband mit mehr als 300 Fotos von Ralf Tooten.

"Bangkok Noir": Bildergalerie mit privaten & Profi-Fotos von Ralf Tooten



Fotokünstler Ralf Tooten: Gespräch mit Tiefgang

THAIZEIT traf sich kurz nach Veröffentlichung mit dem Fotografen-Freund von Roger Willemsen in Bangkok. Hier publizieren wir - auch als "Hommage" an den Verstorbenen - Ralf Tootens wichtigste Aussagen über das gemeinsame Bangkok-Buch, dessen Titel "BANGKOK NOIR" (SCHWARZES BANGKOK) nach dem Tod von Roger eine andere, tiefere Bedeutung für das Thaizeit-Team und alle Thailand-Fans bekommen hat. Wie entstand die Idee zu „Bangkok Noir“?

Zuerst einmal hat mich das Thema visuell fasziniert. Man verbringt durch die früh einbrechende Dunkelheit viel Zeit bei Nacht in Bangkok. Es ist eine besondere Stimmung durch all die roten, grünen und gelben Lichter, die ständig in Bewegung sind. Dieses Buch ist eine Art Liebeserklärung an die Stadt und ich wollte visuell etwas schaffen, dass das, was ich bisher an Bangkok-Fotografie gesehen habe, übertrifft. Wie entstand der Kontakt zu Roger Willemsen?

Wir haben uns 2002 bei einem Fahrradzusammenstoß an der Alster in Hamburg zufällig kennen gelernt. Aus diesem Zufall entstand eine von gegenseitiger Bewunderung geprägte Freundschaft. Ich hatte mit dem Projekt schon angefangen und zeigte ihm Bilder. Auch ihm schwebte schon seit einigen Jahren eine Idee zu diesem Thema im Kopf herum und es existierten schon Textskizzen und Tagebuchaufzeichnungen, die bei Aufenthalten entstanden, die teils schon 25 Jahre zurück lagen. Hat sich Euer Verhältnis während dieser drei Monate, die ihr Nacht für Nacht zusammen verbracht habt, verändert?

Durch die vielen, intensiven Erlebnisse, die wir zusammen geteilt haben, hat sich eine tiefe Freundschaft entwickelt. Wie seid ihr vorgegangen? Hattet ihr einen genauen Plan für jeden Abend im Kopf?

Klar, hatten wir eine Art Skizze im Kopf, welche Locations und Szenen wir auf jeden Fall haben wollen und nicht fehlen dürfen. Ganz oft haben wir uns jedoch treiben lassen. Wir stiegen beispielsweise in irgendeinen Bus, fuhren eine Stunde durch die Gegend. Wir haben uns sehr auf unseren Instinkt verlassen. Wir wollten nicht das Bild, das man sich im Vorhinein im Kopf macht bedienen, sondern ganz unvorbelastet, das "was wirklich ist", auf uns wirken lassen. Roger hat das später in seinen Lesungen und Vorträgen über "Bangkok Noir" auch gut rübergebracht (Foto rechts)! Das hört sich abenteuerlich an. Habt ihr Vorsichtsmassnahmen getroffen? Oder gewisse Viertel gemieden?

Ich finde Bangkok sicherer, als viele andere Städte – selbst im Vergleich zu Deutschland. Aber ja, in einigen Fällen habe ich mich von Bodyguards begleiten lassen. Zum Beispiel als wir in ein verlassenes Hochhaus bis in den 20. Stock gestiegen sind. Das war schon sehr unheimlich – diese Dunkelheit zusammen mit den dunklen Gestalten, die dort hausten.

Zum Teil bin ich alleine mit meinem Roller in peripheren Stadtteilen unterwegs gewesen. Da war dann die Frage, wie lange es dauern kann, bis ein Farang überfallen wird, der allein und mit einer Profi-Kamera ausgerüstet, untrwegs ist. Aber ich habe ein gutes Gespür und bisher immer Glück gehabt. Außerdem sind die Thais im Allgemeinen ein sehr friedliebendes Volk. Du lebst seit 2003 in Bangkok. Was fasziniert dich an dieser Metropole?
Es war Liebe auf den ersten Blick, als ich nach Bangkok kam. Als Fotograf brauche ich die Großstadt, den kulturellen Input, das Brodeln und die Energie, die hier Tag und Nacht fließt. Ich merke, dass es die richtige Entscheidung war. Auch Roger liebte diese Stadt! Wir hatten jedenfalls sehr viel Spaß miteinander... (siehe Privat-Foto links)! Was denkst Du über thailändische Fotografie? Es gibt einige gute Fotografen mit Weltniveau und die Kunstszene ist sehr lebendig. Auch mag ich die Thais wegen ihrer "Fotografier-Sucht". Des Königs liebste Leidenschaft war schon immer das Fotografieren, und das spiegelt sich auch im Volk wider. Die Thais fotografieren sich ständig und überall. Eine Freude, das zu sehen... (Interview: Tamina Duscha/Thaizeit)
Ein Freude für das Thaizeit-Team ist es jedoch, die spektakuläre Fotokunst von Ralf Tooten selbst zu sehen. Zuletzt erhob er thailändische Bauarbeiter zu seinen "Shooting"-Stars! Die Gesichtslosen, die man so oft übersieht!Seine erste Fotoserie A.W.C. ("Asian Workers Covered") enstand bereits in den Jahren 2007 - 2010, doch seine Ausstellung R.C.A. ("Ratchaburi Construction Workers Open Air Portraits") im Jahre 2013 übertraf alles!
"Ich will Augen öffnen, ja. Und wenn meine Bilder durch ihre Schönheit zum Nachdenken anregen ist schon viel erreicht...“

>>> Zu den Details: R.C.A. - Open Air Portraits

Nathalie Gütermann; Foto: Ralf Tooten


Ralf Tooten


Geboren 1958 im Rheinland

Ausbildung in Architektur-Fotografie bei Clemens Hartzenbusch

Standfotograf bei Volker Schloendorffs "Blechtrommel-Verfilmung

1996 gewinnt er den Fifth Polaroid Fine Arts Award in London

2003 gewinnt er den Hasselblad Master Award in Göteburg, Schweden für das Buch und Ausstellungsprojekt „Augen der Weisheit“

Zahlreiche Ausstellungen weltweit mit „Augen der Weisheit“, 2003 – 2008

„A.W.C. Asian Workers Covered“ Ausstellung, 2008

„Naked Truth“ Ausstellung, 2009
"R.C.A. : Ratchaburi Construction Workers Open Air Portraits", 2013

Das Buch


Bangkok Noir, Roger Willemsen + Ralf Tooten

368 Seiten, gebunden, erschienen im S. Fischer Verlag. Erhältlich über "AMAZON.DE"


Weitere Infos


Ralf Tooten: www.tooten.com

Rogern Willemsen: www.roger-willemsen.de

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