Frau Bäuchl unterwegs: Ein Tag am Flughafen
Frankfurt, Delhi, Los Angeles, Tokio: Thaizeit Autorin Ute Bäuchl verbrachte einen Tag am Bangkoker Flughafen – ohne irgendwo hinzufliegen.
Ein Tag am modernsten und größten Flughafen Asiens – ohne irgendwohin zu fliegen. Am „Suvarnabhumi Airport” (was soviel wie „goldenes Land” bedeutet) herrscht, wie an allen internationalen Flughäfen der Welt, eine ganz einzigartige Atmosphäre: Reisende aus der ganzen Welt ziehen ihre Koffer hinter sich her oder verabschieden sich gerade von ihren Liebsten. Man könnte jederzeit ein Flugticket kaufen und zum Einkaufen nach Dubai oder zum Sightseeing nach Sydney fliegen – Flughäfen sind das Tor zur großen, weiten Welt. Die Möglichkeiten scheinen unbegrenzt. Doch heute reihe ich mich nicht in die Schlangen der Abfliegenden ein und lasse mich einfach durch die großen Hallen treiben.
Solange es im hypermodernen Mega-Flughafen noch nicht von Menschenmassen aus aller Welt wimmelt, kann man die futuristische Atmosphäre seiner Stahl- und Glaslandschaft besonders gut auf sich wirken lassen. Wie eine riesige Raupe sehen die lang gestreckten, vom deutschen Architekten Helmut Jahn entworfenen Abfertigungsbereiche aus. Doch bei aller Modernität herrscht auch asiatisches Flair: Auf dem Weg zum Flugzeug stehen Pagoden und Buddhastatuen, es gibt Wellness-Spas und frische Orchideen zu kaufen. Die „Duty-free“ Läden bieten feinste Parfüms, teure Weine und köstliche Pralinen – schade, dass ich heute am Boden bleibe. Unter den Anzeigentafeln mit der Aufschrift „Frankfurt” stellen sich neben vereinzelten Asiaten deutsche Backpacker vor den Check-in Schaltern an. Ich reihe mich ein und komme mit einer von ihnen ins Gespräch: „Leider ist der Urlaub schon vorbei, ich war zwei Monate lang unterwegs in Thailand, Laos und Vietnam”, erzählt Kathrin etwas wehmütig. Sie habe eigentlich gar keine Lust wieder nach Hause zu fliegen, aber Studium und Hund „Oskar” warten in Köln auf sie. „Nächstes Jahr will ich unbedingt wiederkommen”, sagt die 25-jährige und muss auch schon ihren – mit Souvenirs voll bepackten – Rucksack auf die Waage heben. 20 Kilo, kein Übergewicht, Glück gehabt! Sie erhält ihre Bordkarte und schon ist sie hinter der Glasscheibe verschwunden. Auf längere Wartezeiten muss man sich an den Schaltern nebenan einstellen. Reiseziel: Delhi, Indien. Eine Horde Menschen hat sich hier versammelt, alle reden durcheinander und versuchen auch noch den vierten Koffer auf das Band zu stellen. Um jedes Kilogramm wird gefeilscht, denn wenn die Waage dreißig oder vierzig Kilogramm anzeigt, wird der Fluggast zur Kasse gebeten – und das kann teuer werden. Verhandlungskünste sind zwecklos – das weibliche Bodenpersonal mit den hochtoupierten Haaren und perfekt geschminkten Gesichtern bleibt hart und dabei unglaublich ruhig. Da bringt es Kunal auch nichts, ganz empört einfach den Schalter zu wechseln. Auch die nächste Dame bleibt standhaft und der Inder zahlt schmollend das Übergewicht. In seinen drei Koffern sind zahlreiche Geschenke für seine Familie in der indischen Heimat: Jeans, Kleider, Schuhe aber auch zwei Kameras hat er in Bangkok eingekauft: „Das waren alles Schnäppchen”, berichtet er stolz. Einen Schalter weiter kann man eine bewegende Abschiedszene beobachten: Eine amerikanische Großfamilie umarmt ihre zahlreich erschienen Freunde. Sie küssen sich, sie lachen und weinen – alles gleichzeitig. Die McNultys haben drei Jahre in Bangkok gelebt und gearbeitet und wollen nun mit all ihrem Hab und Gut zurück in die Staaten, nach Los Angeles, gehen – für immer. Keine leichte Entscheidung, die vor allem, nun im Angesicht ihrer traurig dreinblickenden Freunde, Emotionen pur auslöst. Jetzt brauche ich einen Kaffee. Die Auswahl an Bistros und Restaurants ist riesig: Zu „Starbucks”, „Whittard of Chelsea” oder doch lieber dem thailändischen „S&P“? Ich entscheide mich für das „Skyloft” im sechsten Stock. Während ich dort meinen sündhaft teuren „Café au lait” schlürfe, beobachte ich durch die großen Fensterfronten wie die Flugzeuge starten und landen. Menschen steigen aus, Menschen steigen ein. Für manche ist die Reise zu Ende, für andere beginnt sie erst. Paris, Singapur, Moskau oder Kuala Lumpur – alles in wenigen Stunden erreichbar, alles so nah. Am Nachbartisch bestaunt gerade eine japanische Schülergruppe ihre Erinnerungsfotos. Sie winken mir zu und wir kommen ins Gespräch. In Bangkok haben sie drei Wochen lang Tempel und Shoppingmalls erkundet und warten nun auf ihren Rückflug nach Tokio. Kichernd zeigen sie mir ihre Schnappschüsse. Obwohl wir uns gar nicht kennen sind wir für den Augenblick wie alte Bekannte, die sich lange nicht gesehen haben. Das ist das Schöne an Flughäfen. Ich habe das Gefühl die Menschen seien kontaktfreudiger, interessieren sich mehr für ihr Gegenüber. Es herrscht eine Leichtigkeit, wie man sie im Alltag kaum kennt. Es ist spät geworden, meine Reise neigt sich dem Ende zu: Frankfurt, Delhi, Los Angeles und Tokio. Aber jetzt freue ich mich nach Hause zurückzukehren – ganz ohne Jetlag und schweres Gepäck, nur mit all den Eindrücken aus der großen, weiten Welt.
Der Flughafen Suvarnabhumi International in Bangkok wurde nach zahlreichen Verzögerungen im September 2006 eröffnet und befindet sich am Bangna Trat Highway, rund 25 Kilometer vom Stadtzentrum entfernt. Er besitzt den mit 132 Metern höchsten Kontroll-Turm der Welt und das weltweit zweitgrößte Flughafengebäude und -Terminal. Der drei Milliarden Euro teure und hypermoderne Flughafen ersetzt den alten Don Mueang International Airport. Alle großen internationalen wie nationalen Fluglinien sind hier vertreten. Im 25.000 Quadratmeter großen Flughafenterminal gibt es 50 verschiedene Bars, Restaurants und Cafes sowie eine große Auswahl an Geschäften, die rund um die Uhr geöffnet sind. Webpage: www.airportthai.co.th
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