Kinderzeit:

Die ersten Wochen

In der heutigen Kolumne geht es um die seelischen Achterbahnfahrt meines Lebens als Wöchnerin in Thailand


Am dritten Tag nach der Geburt unserer Tochter Milla lief ich wie gewohnt von meinem Zimmer in die Säuglingsstation. Ich trug das Standardoutfit des Krankenhauses – ein hautfarbenes Nachthemd mit verschließbaren Still-Schlitzen für die Brüste - hatte an diesem Morgen erstmals wieder meine Haare gekämmt und fühlte mich blendend. Bis ein fünfjähriger Junge seinen Papa fragte: „Wann bekommt die Frau da ihr Baby?“. „Ähm, also ich weiß nicht so genau“, flüsterte er auf Thai während er versuchte unauffällig meinen Bauchumfang zu erspähen. „Nein, alles schon raus“, dachte ich und rannte mit meinem immer noch dicken Bauch fast in die nächste Wöchnerin.
So raketenschnell sich der Körper in den ersten Wochen nach der Geburt verändert - so viel zu langsam geht es einem in den ersten Tagen. Wäre da nicht das wunderbare Baby über das man sich so schrecklich freut, man würde wahrscheinlich Komplexe entwickeln.


Der Anblick der süßen Wesen auf der Säuglingsstation ließ mein Herz wieder höher schlagen: Ganz nach asiatischem Brauch lagen sie dort in ihren Bettchen, stramm in ein Laken eingewickelt  – nur Milla mit ihrem hellbraunen Schopf stach aus den vielen schwarzhaarigen Neugeborenen heraus.
Zum Glück konnte ich im luxuriösen „Hotelzimmer“ des Krankenhauses ganz ungestört die ersten Tage mit Milla im Kreis der Familie genießen. Denn wie selbstverständlich machen es sich hier die Angehörigen auf der ausklappbaren Besuchercouch gemütlich und bleiben meist sogar über Nacht.
Aus dem Krankenhaus daheim legte ich mich ins frisch aufgeplusterte Bett, während mein Mann das Baby wickelte und den Telefonstecker zog. Was dann kam, war wunderschön: Es gab nur uns auf der Welt. Stillen, kuscheln, Pizza bestellen und immer wieder wickeln. Ab und an mal Besuch von einer thailändischen Bekannten, die uns ihren Präsentkorb - gefüllt mir rosa Kleidchen, winzigen T-Shirts und Stramplern - überreichte und nur mal einen kurzen Blick auf das „Farang-Mädchen“ warf. „Na rak“ (so süß) befanden alle.
Als ich nach zwei Wochen zum ersten Mal mit Milla in unserer Wohnanlage spazieren ging, klärte mich eine Nachbarin auf, dass es in Thailand üblich sei mit einem Neugeborenen vier Wochen lang das Haus nicht zu verlassen: „Zum Schutz für euch beide“. Eigentlich kein schlechter Brauch fand ich und bewegte mich, aus Angst vor weiteren Ermahnungen, zurück ins Kuschelbett – und da blieb ich bis der Bauch wieder ganz flach war.
Ute Bäuchl

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