Es ist geschafft: Der neue Gebrauchte steht vor der Tür, frisch gewaschen ist er doch fast wie neu! Wie er dorthin gekommen ist? Mit internationalem Führerschein (zur Beruhigung: der europäische reicht dafür auch) und Vertrauen in die Worte des Verkäufers: „Mai pen rai!” – macht nichts, schon okay, auf Thai.
Dann war entweder der Preis zu hoch, ein „Rakaan Farang”, oder der Mut zu klein nach einem Transfer zu fragen, den ein ordentlicher Händler dann auch meist sofort anbieten kann – mancher macht es sogar selbst, in Bangkok City fährt ein Angestellter. Viele größere Gebrauchtwagenhändler haben auch ein Anmeldepaket im Angebot. Nicht billig, aber es gilt abzuwägen, ob sich der Aufwand lohnt ein Amt zu finden, Formulare richtig auszufüllen und dabei nur wenig Thai zu verstehen, oder ein paar tausend Baht für den Service hinzulegen. Mehr als 3000 Baht (80 Euro) sind verdächtig und das Paket sollte den Besitzereintrag im blauen Buch (Fahrzeugbrief und -schein), die technische Untersuchung, eine Jahresplakette und einen Versicherungsschein beinhalten.
Selbst zur Anmeldung
Wer es nicht erwarten kann, mobil zu sein, lässt sich die Anfahrt zur nächstgelegenen Amtsstelle für die Anmeldung beschreiben. Dort werden die Papiere von Wagen und Halter erst registriert, eventuell steht auch eine technische Untersuchung an, die der Wagen aber durch das Erreichen der Prüfstelle aus eigener Kraft bereits bestanden hat. Manchmal kann auch eine beliebige Werkstatt (in der Umgebung gibt es viele!) das prüfende Öffnen der Motorhaube übernehmen, im besten Fall hat der Verkäufer das Formular dem Fahrzeugbrief schon beigelegt.
Unbedingt mitbringen neben Pass und blauem Buch: die Wohnsitzbestätigung der Botschaft. Ist für eine Gebühr schnell zu bekommen, in der Regel reicht aber auch eine Arbeitserlaubnis oder ein Mietvertrag, natürlich stets als signierte Kopie. Anschließend heißt es wieder warten, diesmal auf das Bezahlen der fertigen Papiere, einschließlich der bunten Plakette für die Windschutzscheibe. Wer den Wagen zunächst nur für sechs Monate anmelden möchte, sollte das spätestens jetzt gesagt haben.
Am Schalter in der Nähe gibt es zum Schluss noch die vorgeschriebene Versicherung, das Basismodell für weniger als 20 Euro im Jahr. Hier gibt es unterschiedliche Erfahrungen, doch sollte man wissen, dass es auch vor dem Amt eine Reihe von Versicherungsvermittlern gibt, die oft die gleiche Versicherung günstiger anbieten, also: vorher dort Preise einholen. Die Anbieter der günstigsten Konditionen haben allerdings oft zur Bedingung, dass der Fahrer – Vorsicht – einen thailändischen Führerschein besitzt.
Mein neuer Führerschein
Sollte also ein Unfall passieren, kann unter Umständen der Versicherungsschutz entfallen, wenn der Fahrer des Wagens nur eine internationale oder gar europäische Fahrerlaubnis hat und schon länger im Land lebt. Spätestens wenn der internationale Führerschein (immer begrenzt auf zwei Jahre) abzulaufen droht, steht also der Besuch der Führerscheinstelle an. Ihre Zuständigkeit ist abhängig vom Wohnort und der Ablauf dort regional sehr unterschiedlich. In größeren Städten muss der Absolvent einen Farbseh- und einen Reaktionstest machen. Wer die Ampelfarben erkennt und sogar auf Thai benennen kann, besteht mit Auszeichnung. Der Reaktionstest beinhaltet unter anderem ein Bremspedal – Spickzettel dazu, falls überhaupt nötig, kann man bei Google finden. In kleineren Orten, die wenig mit Ausländern zu tun haben, ist der Lappen nur eine reine Formsache. 110 Baht und eine ganze Reihe Papiere später (unter anderem ein ärztliches Attest jüngeren Datums), ist die einzige nennenswerte Wartezeit die auf das Laminieren des Ausweises. Ein noch gültiger internationaler Führerschein ist hier Trumpf, anderswo bereits Voraussetzung.
Alle Hürden sind geschafft, der Untersatz angemeldet und man fühlt sich so richtig angekommen, mit einem thailändischen Ausweis in der Tasche. Jetzt geht es raus auf die Straße, und wer nicht gerade in Bangkok wohnt, kommt sogar recht zügig vom Fleck. Mit etwas Erfahrung als Fußgänger und ein paar Fahrten durch einen beliebigen Kreisel ist der Linksverkehr im Handumdrehen gemeistert, nur das Schalten mit der „falschen” Hand noch etwas ungewohnt. Schon schwieriger ist der Verkehrsfluss, wenn in jede Lücke gedrängelt wird, der nächste Bus plötzlich auf die eigene Fahrbahn drängt und der Nebenmann rigoros die Haarnadelkurve schneidet – da hilft nur: Bremsen. Zum Glück ist das Bremspedal ja an derselben Stelle wie zuhause, da sollte also nichts anbrennen.
Erwarte das Unerwartete
Generell gilt: Erwarte das Unerwartete und gehe mit dem Fluss. Es hat wenig Sinn, sich krampfhaft an Regeln oder Ideale zu halten, wenn man der Einzige ist und damit den Verkehr behindert. Einem Fußgänger das Vorrecht zu geben, oder einen anderen Fahrer auf die Spur zu lassen sind zwar nette, aber völlig unbekannte Gesten, denen dann meist nicht wie erwartet gefolgt wird. Das Ergebnis ist eine Unsicherheit auf beiden Seiten und am Ende fahren doch beide gleichzeitig los. Ebenfalls aus dem Vokabular zu streichen sind Sicherheitsabstand (es findet sich innerhalb Sekunden einer, der links überholt und den Abstand wieder zunichtemacht) und Reißverschluss-Prinzip: Es darf auf allen vorhandenen Spuren bis zuletzt gedrängelt werden. Auf größeren Straßen mit seltenen Wendemöglichkeiten ist es nichts Ungewöhnliches, wenn man auf der eigenen Seite Gegenverkehr hat, meist Mofafahrer. Letztere sind ohnehin die gewöhnungsbedürftigsten Verkehrsteilnehmer – am besten geht man grundsätzlich davon aus, jederzeit in jedem toten Winkel mindestens eine Großfamilie auf zwei Rädern zu haben. Dann gibt es auch keine unliebsamen Überraschungen beim Abbiegen oder Spurwechseln.
Der erste Blechschaden wird leider nicht lange auf sich warten lassen, ob verschuldet oder nicht. Wie in Europa auch trägt in der Regel der Auffahrer die Schuld. Die Interpretation ist in Südostasien aber etwas gedehnt und schützt auch Fahrzeuge, die links überholen oder ohne Vorwarnung vom Straßenrand einfach in den fließenden Verkehr biegen – selbst wenn sie niemals in ihren Rückspiegel geschaut haben, sofern vorhanden. Gerne wird die Schuld an einem Unfall auch prinzipiell dem Fahrer zugeschoben, mit mehr Einkommen, sprich: hellerer Hautfarbe.
In solchen Fällen zahlt sich eine gültige
Versicherung aus – auf keinen Fall auf Verhandlungen einlassen, sondern sofort die auf der Police in der Windschutzscheibe angegebene Telefonnummer wählen: Ein Vertreter der Versicherung wird zum Unfallort kommen und kann bereits am Telefon dem Unfallgegner überreicht werden – das hilft bei Verständigungsproblemen.
Zuletzt ein kontroverses Thema: Polizei und Schmiergeld. So Mancher schwört auf die immer griffbereite 100-Baht-Note im Handschuhfach und macht damit gute Erfahrungen. Tatsächlich scheint ein unvorbereitet angehaltener Fahrer, der sich nichts zu schulden hat kommen lassen, im Schnitt mehr „Strafe” zu zahlen als jemand, der beim Anblick einer Verkehrskontrolle bereits zum Handschuhfach schielt. Wir halten nichts von Bestechung auch in kleiner Form und sind stets durch einfaches „Dummstellen”, freundliches Lächeln, einen verhaltenen Wai zur Begrüßung (mit den Fingerkuppen nicht höher als die Nasenspitze) und eventuell die Nennung eines respektablen thailändischen (!) Arbeitgebers unversehen auf die Weiterfahrt geschickt worden. Der Schein liegt noch heute in der Ablage – soviel Anpassung muss erlaubt sein.
Alexander Heitkamp
Mit dem Thai-Motorradschein in Deutschland
Angesichts der hohen Kosten für eine Ausbildung zum Motorradfahrer in Deutschland, hat schon so mancher daran gedacht, ob das nicht auch billiger zu haben ist. Etwas Abwechslung und ein verlängerter Urlaub wären ohnehin mal wieder nötig und mit den gesparten Kosten schnell wieder eingeholt. Doch was in den schottischen Highlands, auf einer Insel im Mittelmeer oder an ein paar wirklich langen Sommertagen in Lappland rechtlich möglich ist, ist nicht unbedingt auch billig.
Für Länder außerhalb der EU gelten striktere Bestimmungen und Thailand gehört, anders als Südkorea, Singapur und Japan, nicht zu den asiatischen Ländern, deren Fahrerlaubnis ohne weiteres in eine deutsche umschreibbar ist.
Im Klartext: Wenn ich einen thailändischen Führerschein (Auto oder Motorrad) besitze und dazu länger als ein halbes Jahr in Thailand gelebt habe, darf ich damit auf deutschen Straßen sechs Monate fahren. Danach, oder wenn ich einen ordentlichen Wohnsitz in Deutschland annehme, ist er ungültig. Im Übrigen genau dieselbe Regelung wie in Thailand, wo man nach sechs Monaten Aufenthalt vorschriftsmäßig ausschließlich einen internationalen oder einen heimischen Lappen haben muss, um fahren zu dürfen. Wer also ohnehin nur begrenzte Zeit im „Heimaturlaub” ist, kann durchaus regelmäßig über Heide, Forst oder Hallig brausen, ohne je eine Prüfung abgelegt zu haben. Wir empfehlen dennoch dringend, ein solides Sicherheits- und Fahrtraining in Deutschland zu machen, bevor es auf die Piste geht. Das lohnt sich auch, wenn man vorhat, den Schein umschreiben zu lassen: Dafür wird dann – immerhin – nur noch die theoretische und praktische Prüfung in einer Fahrschule verlangt. Von der Fahrausbildung ist der Inhaber zwar grundsätzlich befreit, sie ist aber zur Erhöhung der Erfolgsaussichten anzuraten. (ash/ag)