Thailand: Zu Gast im wilden Westen
Nur zwei Stunden westlich von Bangkok liegt Kanchanaburi - ein spannendes Ausflugsziel für die ganze Familie
Wenn Naomi (12) auf ihrem Lieblingspferd „Bagueera” sitzt, die Zügel straff in der Hand und die Knie fest an die Seiten des prächtigen Hengstes gepresst, ist sie ganz in ihrem Element. Hoch konzentriert und mit durchgestrecktem Rücken reitet sie Runde um Runde über das großzügige Gelände in einem Waldstück am Fluss. „Und jetzt alle mal nach rechts drehen” ruft die Deutsche Lieselotte Rhodes, Trainerin und Besitzerin des Reitstalls „Kwai Family Horse Camp“, Naomi und den anderen sieben Schüler der heutigen Reitstunde zu. Ganz synchron leiten die jungen Reiter ihre Pferde in die vorgegebene Richtung und galoppieren dann gleichzeitig los – ein anmutiger Anblick.
Die bereits 91-Jährige unterrichtet ihre fortgeschrittenen Schüler, die in der Regel aus Bangkok angereist kommen, gleich dreisprachig: auf englisch, thai und deutsch – wobei ihre Muttersprache nur selten zum Einsatz kommt: „Die meisten Kinder sind hier von japanischen Schulen, aber auch viele Engländer und Thais kommen zu uns, um Reiten zu lernen”, erklärt die gebürtige Hamburgerin. Doch stehe der Reitsport an sich nicht im Vordergrund – viel wichtiger sei es, den Kindern und Jugendlichen ein Gefühl für die Tiere zu vermitteln: „Die Bewegung mit dem Pferd ermöglicht ihnen eine ganz neue Körpererfahrung”, so Rhodes.
Neben Gruppenunterricht gibt die lebensfrohe Pferdenärrin gemeinsam mit ihrer Tochter Sumalee Ansuchote (76) auch Privatstunden und kümmert sich um die 35 Pferde der Ranch. „Es gibt immer was zu tun, aber die Arbeit hält mich einfach fit”, sagt Lieselotte Rhodes. Als 24-Jährige ist sie nach Thailand ausgewandert und hat sich ihren Traum vom eigenen Reitstall verwirklicht. Für sie und ihre Tochter sind die Pferde wie Familienmitglieder: Vom jüngsten Fohlen, Jose (5), bis zur ältesten Stute, Zoe (32), kennen sie Herkunft, Geschichte und Alter jeden Tieres, wissen um ihre Vorlieben und was sie nicht so gern haben – ein Leben für die Pferde. Ein Großteil der Tiere wurden ihnen geschenkt, damit sie auf dem Gestüt ihren Lebensabend genießen können – so ist etwa Bagueera ein ausrangiertes Polopferd, dessen Geschmeidigkeit noch heute zu bestaunen ist, während die Kleinen auf ihm Reiten lernen. Weiter vorne auf dem 30 Hektar großen Gelände hilft Sumalee Ansuchote – genannt Puki – gerade der siebenjährigen Natalie in den Sattel. Sie unterrichtet heute die Anfänger, wie immer in ihren Nike-Turnschuhen, einer grauen Cordhose und mit einem Hut auf dem Kopf – ihrem Markenzeichen. „Bei uns lernen die Kinder die Tiere als Freunde zu haben und Verantwortung zu übernehmen”. So wohnen die meisten Gäste in den einfachen Unterkünften am Rande des Stalls, erleben hautnah den Ranch-Alltag und packen auch mal selbst mit an, um sich ihre Sporen als echte Cowboys zu verdienen. Nach einem langen Tag, wenn man am frühen Abend von der Veranda der rustikalen Bungalows aus den Sonnenuntergang genießt während die Pferde wiehern, fühlt man sich fast wie im Wilden Westen. Nur zehn Minuten vom Reiterhof entfernt reihen sich in Kanchanaburi die Luxusresorts, Gästehäuser und Budgethotels aneinander. Sehr kinderfreundlich ist etwa das „Lake Resort and Restaurant”, etwa fünf Kilometer nördlich der Ranch. Eine Übernachtung in den einfachen Hütten im Afrikastil mit Außendusche wird jedem Kind gefallen. Auf dem riesigen Gelände kann man Volleyball spielen, schwimmen oder die berühmte Pizza aus dem Steinofen genießen – ein Muss. Wer es lieber etwas luxuriöser mag kann ab 50 Euro pro Nacht im „Pung-Waan Ressort and Spa” übernachten, das nur einen Kilometer vom Reiterhof entfernt liegt. Direkt am berühmten Kwae Fluss gebaut, kann man dort im riesigen Schwimmbad plantschen oder im hoteleigenen Wellness-Bereich eine Aromamassage genießen – ein perfekter Abschluss nach einem Tag im Sattel. Ab und an unterbrechen hier nur dröhnende Motorboote die Stille: Die mit bunten Lampions geschmückten Boote, auf denen Touristen die idyllische Landschaft genießen, fahren den Fluss hinauf zum nächsten Ausflugsziel, von denen es in der Provinz unzählige gibt. Bekannt geworden ist der Fluss durch die berühmte gleichnamige Brücke bei deren Bau tausende alliierte Kriegsgefangene ums Leben gekommen sind. Wenn man mit seinen Kindern an der Hand auf den historischen, wenn auch nachgebauten, Gleisen der Brücke spazieren geht, ist das ein ergreifendes Gefühl und man fühlt sich an den berühmten Hollywoodfilm von Pierre Bouille „Die Brücke am Kwai“ erinnert. Doch Vorsicht: Die Brücke ist nicht kindersicher und es gibt viele Löcher, durch die man bei einem falschen Schritt fallen kann. An der östlichen Brückenrampe kann man mit festem Boden unter den Füßen eine alte Lokomotive aus dem zweiten Weltkrieg bewundern und erklettern – da können große und kleine Kinder Lokführer wie in alten Zeiten spielen. Neben gemütlichen Cafés und Restaurants, günstigen Massageläden und Reisebüros bietet die kleine Stadt noch viele weitere historische Denkstätten: Etwa der liebevoll gepflegte Soldatenfriedhof, auf welchem die 6.982 Gefangenen der Alliierten bestattet sind, die beim Bau der berüchtigten Eisenbahn über den Fluss Kwae nach Burma ihr Leben lassen mussten. Sehenswert und auch für jugendliche Besucher geeignet ist das Kriegmuseum: Hier wird das Elend der 60.000 Kriegsgefangenen und über 100.000 asiatischen Zwangsarbeitern recht eigenwillig dokumentiert. Vier Kilometer außerhalb der Stadt Kanchanaburi, am Ufer des Mae Klong, ist der Tempel „Wat Tham Mangkhon Thong” gelegen: Eine steile Treppe führt den kleinen Berg hinauf und von oben bietet sich ein wunderbarer Ausblick auf die immergrüne Landschaft. Doch liegen die wahren Höhepunkte der Provinz außerhalb der Stadt und sind am besten mit dem eigenem Auto zu erkunden: Kanchanaburi ist umgeben von riesigen Nationalparks – mit zum Teil unberührter Natur: Zerklüftete Berge und blaue Stauseen, wilde Wasserfälle und Tropfsteinhöhlen, die wirklich einmal von Steinzeitmenschen bewohnt gewesen sein sollen. Hier gibt es viel zu bestaunen für neugierige Kinderaugen. Im 20 Kilometer entfernten Sai Yoke Nationalpark etwa sind nicht nur die kleinsten Fledermäuse der Welt zu Hause, hier hat auch der malerische Sai Yoke Wasserfall seinen Ursprung. In den am Fluss gelegenen Wäldern findet man die erstaunlichen Höhlen, die mit bunten Lichtern in Szene gesetzt sind. Der Wasserfall ergießt sich hier in den Fluss Kwae Noi. Ab und an klettert dort ein Waran aus dem Fluss oder ein Wasserbüffel faulenzt in der Sonne. Im benachbarten Erawan Nationalpark teilen die beiden Flüsse Kwae Noi und Kwae Yai die hohen Berge, welche mit Riesenbäumen und üppigen Bambuswäldern bestückt sind. Der gleichnamige, siebenstufige Wasserfall wird als der schönste in Thailand angesehen. Probieren Sie den Wanderweg aus: Er führt parallel zum Wasserfall bis auf die siebte Stufe und ist auch für junge Wanderer zu meistern. Während des Aufstiegs kann man sich immer wieder in einem der urigen Wasserbecken erfrischen. Ein nachmittägliches Bad hier ist für die ganze Familie einfach ein unvergessliches Erlebnis.
Kwai Family Horse Camp Das Glück der Erde liegt auf dem Rücken der Pferde: Auf dem 30 Hektar großen Gelände der Ranch können Kinder ab drei Jahren Privat- oder Gruppenunterricht im Reiten erhalten – Voranmeldung erforderlich! Die Kosten pro Stunde liegen bei zehn Euro. Neben den Pferden kann man auf dem riesigen Gelände aber auch Wasserbüffel, einen Gibbon und Riesenschildkröten bestaunen – ein wahres Kinderparadies. Die Übernachtung in den rustikalen Bungalows kostet 20 Euro pro Nacht. Der Reitstall liegt etwa zwei Kilometer von Kanchanaburi Stadt entfernt auf der Route 323. Weitere Informationen unter: www.kwaehorsecamp.com Unterkunft Das „Pung Waan Ressort and Spa”, auch auf der Route 323, bietet herrlich große Zimmer im Kolonialstil, einen geschwungenen Pool und einen Whirpool mit direktem Blick auf den River Kwai. Zimmer ab 50 Euro pro Nacht unter: www.pungwaan.net. Wer es lieber etwas günstiger mag und es dennoch gemütlich haben will kann im „Lake Ressort und Restaurant” entweder eine afrikanische Hütte für neun Euro oder einen schicken „Boutique Bungalow” ab 20 Euro mieten. Mehr Informationen unter: www.thelakekanchanaburi.com Anreise Kanchanaburi liegt 130 Kilometer westlich von Bangkok und ist bequem mit öffentlichem Bus („Southern Bus Terminal“) oder der Bahn zu erreichen. Doch grundsätzlich ist die Anreise mit dem Auto (Mietwagen) zu empfehlen: Da es in Kanchanaburi nur wenige Taxen gibt und man keine Motorräder mieten kann, hängt man ohne eigenes Vehikel im jeweiligen Ressort fest und ist auf überteuerte Tagestouren angewiesen, um raus zu kommen – das kann nerven.
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