25-jähriges Jubiläum:
25 Jahre Drehscheibe in Thailand
In Bangkok gibt es unzählige Vereine für zugereiste Ausländer, doch nur einen für deutschsprachige Frauen in Thailand. In diesem Jahr begeht die Drehscheibe ihr 25-jähriges Jubiläum und hat viele gute Gründe, dieses Ereignis gebührend zu feiern. THAIZEIT sprach mit den Damen, die die Scheibe drehen.
Es war ein Mann, der im Jahre 1985 einen Club für Frauen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz gründete. Sein Name: Hans Bernd Zöllner. Sein damaliger Beruf: Pfarrer in der evangelischen Kirche Bangkok. Vor allem Frauen besuchten seinen Gottesdienst, sehnten sich nach Informationsaustausch, seelischer Unterstützung und Starthilfe in einem Land, das ihnen fremd war. Die meisten kamen als Partnerin oder Ehefrau eines Geschäftsmannes nach Thailand, durften jedoch ohne Arbeitserlaubnis selbst keinen Beruf ausüben und mussten sich gewissermaßen zwangsweise in einem neuen Umfeld und ungewohnten Alltag zurechtfinden.
In seiner Eigenschaft als Seelsorger erkannte Pfarrer Zöllner schnell, was all diesen Damen fehlte: Anschluss zu Gleichgesinnten, neue Kontakte knüpfen, die gleiche Sprache sprechen. Und so bat er schließlich einmal im Monat zum freundschaftlichen Get together, organisierte Ausflüge und schrieb regelmäßige Newsletter, die zunächst als Handzettel innerhalb der evangelischen Gemeinde verteilt wurden. Es dauerte nicht lange und die Drehscheibe war geboren.
„Frauen, die heute nach Bangkok ziehen, haben die gleichen Probleme wie jene Frauen, die vor 25 Jahren bei Pfarrer Zöllner Rat suchten“, sagt Mawinee Maming-Kroell, seit 2008 Präsidentin des gemeinnützigen Vereins. Ich treffe die Thailänderin, die mit einem Deutschen verheiratet ist, im wunderschön angelegten tropischen Garten der Face Bar in der Sukhumvit 38. An ihrer Seite ist Michaela Ehrmann, der kreative Kopf der Drehscheibe, und wie zehn weitere Damen, ehrenamtlich im so genannten Arbeitskreis tätig. Sie alle ermöglichen Neuankömmlingen, schnell und effizient in Thailand Fuß zu fassen. Für langjährige Mitglieder der Expat-Community sind sie Ansprechpartner in allen Lebenslagen und haben längst ihr eigenes soziales Netzwerk für deutschsprachige Frauen gebildet.
Eine vielfältige Gemeinschaft
„Wir sind kein Kaffeekranz-Verein, sondern eine dynamische Gruppe von unterschiedlichsten Damen mit verschiedenen Nationalitäten, vielfältigen Interessen und Lebensumständen“, betont Michaela. „Ganz gleich ob Singles, Karrierefrauen oder Mütter – sie alle schätzen die sinnvollen Denkanstöße und kulturellen oder sportlichen Veranstaltungen, die wir jeden Dienstag anbieten.“ Dazu gehören beispielsweise Agro-Touren zu Obstplantagen, Orchideenfarmen und Weinproduzenten des Landes, Klongwanderungen, Radausflüge und Besichtigungen von Firmen wie Mercedes, Beiersdorf oder Nestlé. Auch regelmäßige Vorträge der UN, der deutschen Botschaft oder des BKA stehen auf dem Programm. So sprach erst kürzlich ein Vertreter des Bundeskriminalamts über brisante Themen wie Kinderhandel, Drogenmissbrauch und illegale Arbeit in Südostasien. Jeden Donnerstag von 15 – 17 Uhr wird außerdem ein Mutter & Kind-Treff angeboten.
Derzeit nutzen rund 120 Damen jeden Alters die Drehscheibe als wöchentliche Inspirationsquelle. Der Jahresbeitrag für die Mitgliedschaft beträgt 1.000 Baht, Veranstaltungen und Special Events werden extra berechnet. „Diese Gelder investieren wir in mehrere karitative Projekte“, erklärt Mawinee.
Soziales Engagement
„Über viele Jahre haben wir zwölf Patenkinder im Norden Thailands finanziell unterstützt, damit sie regelmäßig zur Schule gehen konnten. Heute sind sie schon groß. Wir besuchen Waisenhäuser und bringen Nahrungsmittel, Spielsachen und Kleider überall hin, wo sie dringend gebraucht werden.“ Allein im letzten Jahr flossen 50.000 Baht in ein Kinderheim bei Bangkok und weitere 50.000 Baht in ein Straßenkinderprojekt des „Child Protection & Development Center“ in Pattaya. Der selbe Betrag ging via Malteser International an ein Flüchtlingslager bei Mae Sariang. Als eigenständige „Non-Profit-Organistation“ gibt es keine Abzüge für Administration – jeder Baht wird zu hundert Prozent für direkte Hilfe genützt. „Auch wenn Thailand stets lächelt, an jeder Straßenecke wird uns bewusst, wie groß die Kluft zwischen Arm und Reich ist. Wir bei der Drehscheibe haben einfach das Bedürfnis, als Dank für unser privilegiertes Leben den Menschen in diesem Land etwas zurückzugeben.“ Mawinee Maming-Kroell und ihre Freundinnen investieren vor allem in kleinere Projekte, die keine staatliche Förderung bekommen und von großen Organisationen nicht unterstützt werden. Das erklärte Ziel ist, Gutes zu tun, dabei jedoch den Spaß an Geselligkeit nicht zu vergessen und die aufregende Meltropole Bangkok gemeinsam zu entdecken, „...weil‘s mit Gleichgesinnten definitiv mehr Spaß macht. Darum ist die Drehscheibe auch ständig in Bewegung“, sagt Michaela. „Neue Frauen kommen dazu, liebgewonnene Freundinnen verabschieden sich, bleiben aber langfristig miteinander verbunden. Gerade das macht unsere Gemeinschaft so spannend und interessant. Wir sind einfach eine supernette Truppe.“Auf dem richtigen Weg
Es ist schon bemerkenswert, wie lange sich die Drehscheibe trotz des ständigen Kommen und Gehens gehalten hat. „Schon vor ihrem Umzug nehmen viele Frauen von Deutschland aus mit uns Kontakt auf“, ergänzt Mawinee. „Entweder über die Botschaften, die deutschsprachige Schule oder über unsere Homepage.“ Das positive Feedback von allen Seiten ist für die Präsidentin und ihr Team in erster Linie eine persönliche Bereicherung. „Es scheint, dass sich unser Engagement wirklich lohnt und wir mit unserem Angebot an Aktivitäten und wohltätigen Investionen auf dem richtigen Weg sind. Übrigens können auch Nichtmitglieder an unseren Veranstaltungen teilnehmen. Alle deutschsprachigen Damen sind bei uns herzlich willkommen!“ Es hat sicherlich einen guten Grund, warum der Dalai Lama in seinem neuesten Buch schreibt: „Die Zukunft gehört den Frauen!“ Er ist davon überzeugt, dass nur sie „Der Weisheit des Herzens folgen“ (DTV Verlag). Doch gilt dies nicht auch für die Vergangenheit und Gegenwart? 25 Jahre Drehscheibe – all die Damen, die in den letzten Jahrzehnten viel bewegten, uneigennützig Hilfe leisteten und dafür sorgten, dass für Ihresgleichen das gewohnte Leben auch in der Fremde nicht zum Stillstand kommt, sie alle folgten ihrem Herzen und können mit Recht stolz auf ihre Arbeit sein. Das große Jubiläumsfest steht demnächst an – für die ein oder andere Leserin von THAIZEIT vielleicht ein netter Anlass, bei diesem Event dabei zu sein und einmal all diejenigen kennenzulernen, um die sich alles dreht: die Expat-Frauen, die sich Dank der Drehscheibe gut in Thailand eingelebt haben und zufrieden sind, mit ihrem neuen Leben in der Stadt der Engel.Nathalie Gütermann
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