Ein Gruß an Thailands Sonne:
Schwitzen im Sitzen
Auf den Spuren der Yogis in Thailand.
Haben Sie heute die Sonne schon gegrüßt? – Wie lange haben Sie schon im Lotussitz gesessen? Und wie geht’s Ihnen beim Hund oder dem Krieger? – Wenn Sie jetzt nur Bahnhof verstehen, gehören Sie vielleicht schon bald zu den Außenseitern. – Nach Amerika und Europa ist der Yoga-Boom auch nach Asien geschwappt, quasi zurück zu den Wurzeln. In Thailand gab’s noch nie so viele Yogastudios wie heute. Höchste Zeit für eine kleine Einführung in die weite Welt der Yogis und der Asanas.
„Yoga ist das Wunderbarste, was ich bis jetzt als Körperbewegung gemacht habe“ – Angela Bruhns’ rehbraune Augen strahlen Entschlossenheit und Überzeugung aus, die man kaum zu hinterfragen wagt. Kein Wunder eigentlich, ist doch Yoga innerhalb der letzten vier Jahre zu ihrem eigentlichen Lebensinhalt geworden.
Wenn beim Hobby die Kasse klingelt
„Irgendwann machte es Klick – Da begann ich erst zu ahnen, wie groß die Welt ist, die sich hinter den paar Körperübungen verbirgt.“ Und die Reise durch diese Yogawelt hat die junge Frau auch schon weit um die Erdkugel geführt. Seit gut zwei Jahren lebt die Deutsche in Bangkok und arbeitet hier als Yogalehrerin. Mittlerweile leitet sie ein Studio der Absolute Yoga-Gruppe. Zuvor war sie in den USA, in Florida, wo sie sich zur Yogalehrerin ausbilden ließ. Wie lange sie in Thailand bleiben will, weiss sie im Moment noch nicht. Vorläufig scheint sie aber ganz glücklich zu sein im Land des Lächelns. „Es ist ja eigentlich das schönste, was einem passieren kann, wenn man mit seinem Hobby auch Geld verdient – und das alles erst noch in einem Land, in dem andere ihren Urlaub verbringen“ sagt Angela Bruhns mit breitem Lachen.Höchstleistungen bei 37 Grad
Neben ihr liegt ihre Yogamatte, zusammengerollt und schön verpackt in einer indisch bestickten Tragtasche. Sie hat Mittagspause. Eben hatte sie eine Yoga-Stunde mit gut 20 Leuten in der Klasse. Sie wirkt ruhig und überhaupt nicht ausgelaugt, wie man sich das nach 90 Minuten körperlicher Höchstleistung vorstellen könnte. Angela Bruhns unterrichtet Bikram Yoga, was manchmal auch Hot Yoga genannt wird. „Bikram Yoga ist hier in Thailand wohl die beliebteste Yoga-Art“ erzählt sie. Sie beruht auf der Lehre von Bikram Choudhury, einem Star-Yogalehrer aus Los Angeles. Speziell daran ist, dass die Raumtemperatur im Yogastudio rund 37 Grad beträgt, also Körpertemperatur. „Beim Bikram Yoga kommt jeder auf seine Rechnung“ erklärt sie. „Sowohl Anfänger als auch Fortgeschrittene können sich dabei immer wieder herausfordern und ihre eigenen Bestleistungen überbieten.“ – Und genau darum gehe es ja eigentlich beim Yoga. – Die Auseinandersetzung mit sich selbst. „Yoga ist kein Wettbewerb mit anderen, sondern eine Auseinandersetzung mit dem eigenen Körper, der eigenen Seele und dem eigenen Geist“ sagt die Fachfrau. Es sei vor allem bei Anfängern manchmal schwierig, diese Tatsache rüberzubringen. Viele Schüler wollten einfach möglichst schnell ein paar Pfunde verlieren oder irgendwelche verrückten Verrenkungen praktizieren können. In Thailand gehe der Yoga-Boom eindeutig einher mit der Zunahme von übergewichtigen Leuten, beobachtet Angela Bruhns. Es erstaunt daher wenig, dass praktisch zeitgleich mit jedem Mc Donalds oder Starbucks-Café auch ein Fitness- oder ein Yogastudio aufgeht. In vielen Fällen sogar in Kombination. Hat das aber mit der eigentlichen Idee von Yoga noch etwas zu tun?Vergessene Philospohie
Für eine Antwort auf diese Frage muss man wohl zuerst fragen, was denn die Idee des Yogas überhaupt ist: Ursprünglich war Yoga eine philosophische Lehre aus Indien, die Körper und Geist vereinen sollte und zwar mit Hilfe von körperlichen und meditativen Übungen. Immer schon gab es verschiedene Wege, Yoga zu praktizieren, abhängig von Lehrern, Wünschen der Schüler oder dem gerade aktuellen Zeitgeist. Wer heute von Yoga spricht, hat meist nur noch die körperlichen Übungen und Positionen vor Auge, die so genannten Asanas mit ihren sonderbaren Namen wie eben – Sonnengruss, Hund, Krieger, Baum, oder ähnlichem. Die philosophische Grundlage gerät dabei oft in Vergessenheit. Angela Bruhns beobachtet aber bei ihren Schülern immer wieder, dass mit zunehmender Praxis automatisch das Interesse an den Hintergründen geweckt wird. „Das dauert manchmal länger, manchmal weniger lang. Aber in den meisten Fällen, wo jemand intensiv Yoga praktiziert, gibt es irgendwann so eine Art Aha-Erlebnis.“ Somit kann man also sagen, dass trotz Yoga-Boom und großen Klassen die Idee des Yogas nicht verloren geht. Wichtig sei einfach, dass man wirklich nur das mache, was einem entspricht und sich keinesfalls von einem Gruppendruck verleiten lasse.Wissen was man will
Offensichtlich meint sie das ernst, denn als ausgebildete Bikram-Leherin findet sie ganz und gar nicht, dass Bikram das einzig Wahre sei, im Gegenteil: „Wer sich für Yoga-Stunden entscheidet, soll sich unbedingt zuerst überlegen, was er will“. Und genau dafür bieten die meisten Studios für Neulinge auch Schnupperkurse an. „Es ist ein großer Unterschied, ob man Yoga macht, weil man abnehmen will, oder ob man dabei eher die meditative Seite sucht und beispielsweise seine Atmung ins Zentrum stellen will.“ Wer sich mit Yoga vor allem körperlich fit halten will, ist daher gut beraten, wenn er sich in der Umgebung seines Wohn- oder Arbeitsortes ein Fitnessstudio sucht, das auch Yoga anbietet, was die meisten größeren Fitnesszentren in Bangkok heute auch machen. Der Vorteil: Yoga lässt sich so oftmals mit einem Abo für die Fitnessgeräte kombinieren und das ganze kommt günstiger. Wer allerdings die entspannte ruhige Atmosphäre sucht, die man sich bei einer Lehre für Körper, Geist und Seele vorstellt, ist in den Fitnessstudios fehl am Platz. Ein kleines feines Yogastudio kommt dem Wunsch nach Ruhe und Ausgeglichenheit dann wohl näher. Zu finden gibt es sie angeschlossen an Spas und Wellness-oasen oder immer häufiger auch als selbständige kleine Studios. Der Nachteil daran ist, dass die Platzzahl beschränkt ist und viel weniger Stunden angeboten werden, als bei den Großen. „Wichtig ist auch eine Regelmässigkeit“ sagt Yogaleherin Angela Bruhns. Wer die Zeit hat, soll am Anfang mindestens dreimal wöchentlich eine Yogaklasse besuchen, nur so habe man auch bald schon die ersten Erfolgserlebnisse. „Natürlich schadet es aber niemandem, wenn er weniger zum Yoga geht, Hauptsache man tut was.“ Sie nimmt noch ein kräftigen Schluck aus ihrer Wasserflasche, enknotet ihre Beine und gleitet vom Stuhl. Die Yogamatte geschultert eilt sie zurück ins Studio, denn die nächste Klasse wartet bereits auf ihre Lehrerin.Pascal Nufer
KLEINES YOGA ABC Yoga ist keine Religion sondern eine Lehre, die aus einer 5000 Jahre alten Tradition entstanden ist. Kern ist das Streben nach der Vereinigung von Körper, Geist und Seele und schließlich die Erleuchtung. Um dies zu erreichen, kennt die Tradition des Yogas acht Hauptrichtungen. Eine davon ist das Hatha-Yoga, das Yoga der Körperdisziplin, also das, was heute gemeinhin also Yoga bezeichnet wird. Bestimmte Körperstellungen (Asanas), Atemübungen (Pranayamas) sowie Konzentrations- und Entspannungsübungen sollen bei dieser Variante zum Ziel führen. Im Laufe seiner Verbreitung durch Nordamerika und Europa hat Hatha-Yoga zahlreiche Varianten ausgebildet. Zu den bekanntesten zählen unter anderem: Ashtanga-Yoga, auch Power-Yoga genannt. Dies ist die sportlichste Variante des Hatha-Yoga. Sivananda-Yoga besteht aus einer Serie von zwölf Positionen (Sonnengruß-Sequenz, Atemübungen, Entspannung und dem Absingen von Mandras). Bikram-Yoga ist eine von Bikram Choudhury gelehrte Yogavariante, der als Lehrer verschiedener Hollywood-Stars berühmt wurde. Bikram-Yoga setzt von den Übenden ein hohes Maß an Fitness voraus und wird bei einer Raumtemperatur von 37 Grad praktiziert. Beim Kundalini-Yoga ist das Erwecken der Schlangenkraft (Kundalini) das Ziel. Und zwar durch bestimmte Positionen, Atemtechniken, Meditation sowie das Absingen von Mantras. Darüber hinaus gibt es noch zahlreiche weitere Spielarten des Hatha-Yoga, die zumeist von indischen oder amerikanischen Lehrern entwickelt wurden. Die Abwandlungen, insbesondere in der Ausprägung als Fitnesstraining, sind unüberschaubar. YOGA IM URLAUB Endlich Urlaub, endlich Zeit einmal etwas für sich zu machen und nicht für den Chef: Yoga zum Beispiel. – Immer mehr Mittelklassehotels haben erkannt, dass Yoga gerade in Thailand hervorragend ins Wellnessangebot eines Hotel-Spas passt. Wer also Lust auf ein paar Yogastunden während seinen Ferien hat, schaut besten im Internet, welche Hotels in Thailand Yogastunden für die Gäste anbieten. Vor Ort weiss normalerweise auch das Personal an der Rezeption Bescheid, wo im Ort es Yoga-Angebote gibt. Immer beliebter sind auch richtige Yoga-Retreats, also Urlaubswochen, die ganz dem Körper, der Seele und dem Geist gewidmet sind. Sucht man bei Google nach Yoga-Retreats, gibt’s eine ganze Menge davon in Thailand. Sowohl auf diversen Inseln, wie auch im kühleren Norden. Airyoga, eine Yogaschule mit Studios in Zürich und München setzt neuerdings auf die Kombination aus normalem Urlaub und intensivem Yoga: „Wir haben gemerkt, dass Yoga längst nicht mehr nur eine Freak-Sache ist und wollten ein Angebot schaffen, dass nicht nur für totale Yoga-Fans sein soll.” Erklärt André Bühlmann von airyoga. Ihr Angebot beinhaltet deshalb eine Woche Urlaub in einem schönen Hotel, plus jeweils am Morgen und am Abend eine 90-minütige Yogasession. Dazwischen läuft nichts, so dass auch ein normales Urlaubsprogramm mit Strand, Sightseeing und Shoppen seinen Platz hat. Infos unter www.airyoga.com AUSRÜSTUNG Im Unterschied zu Europa sind die Yoga-studios in Thailand meist mit allem ausgerüstet, was man für eine Yoga-Session braucht: Matte, Handtücher, allfällige Hilfsmittel wie Blocks oder Bänder und Wasser. Duschen und Umziehräume gehören ebenfalls zum Standard. Es reicht also eine Sporthose und ein Oberteil in dem man sich gut bewegen kann, Schuhe brauchts nicht, Yoga macht man immer barfuss. PREISE 200 – 500 Baht pro Stunde je nach Standard und Abo, Einzelstunden ca. 3000 Bht, an den meisten Orten gibt’s Schnupperstunden zu günstigen Konditionen. Datenbank mit Suchfunktion nach Ländern und Städten: www.yogafinder.com
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