Ban Bu:

Die Bronze-Werkstatt

Hier wird noch gearbeitet wie im Mittelalter


Ein metallisches Hämmern ist schon von Weitem zu hören, rhythmisch und gleichmäßig, unterbrochen von kurzen Pausen. Aber erst wenn neugierige Besucher durch den grünen Vorgarten in das Halbdunkel der Werkstatt getreten sind, wird der Ursprung des Geräuschs sichtbar: eine Bronze-Werkstatt, der letzte Ort in Bangkoks Ban Bu Bezirk an dem noch handgearbeitete „Khan Long Hin“-Schüsseln (wörtlich: steinpolierte Gefäße) hergestellt werden.
Aus Kupfer und Zinn gegossen, durch hämmern in Form gebracht, entstehen hier in mühevoller Handarbeit individuelle Schüsseln und Teller, innen auf Hochglanz poliert und in warmem Bronzeton glänzend, die Außenseite mal schwarz und roh, mal mit feinen Gravuren verziert und mal ebenso glänzend wie die Innenseite. Traditionell dienten die Gefäße zum anrichten von Reis oder Wasser bei besonderen Anlässen, oder um Mönchen bei ihrem morgendlichen Rundgang daraus Almosen anzubieten. Heute gibt es die Schalen und Teller in vielen Größen, als Obstschale oder um Salat zu servieren, als kleine Trinkschalen, Servierteller oder auch ein Set für Milch und Zucker. Aber das sind auch schon fast alle Zugeständnisse an die Moderne, die in der Jiam Sang Sajja Bronze Factory von Khun Metta gemacht werden.


Hammer und Amboss


Wer in die Werkstatt tritt – denn es ist eher eine Werkstatt als eine „Factory“ – fühlt sich um viele Jahrzehnte in die Vergangenheit versetzt: Wassereimer stehen neben Feuerstellen, steinerne Gussformen warten auf einem Tisch auf ihren nächsten Einsatz, am offenen Feuer arbeiten Männer und Frauen mit Hammer, schwerer Metallzange und Amboss. Auf den zweiten Blick entdeckt man, dass hier und da der Einsatz von Elektrizität die anstrengende Arbeit des Produktionsprozesses, der sechs Arbeitsschritte umfasst, etwas leichter macht.

Im ersten Schritt werden Kupfer, Zinn und ein kleiner Anteil von Materialresten aus vorangegangenen Produktionen im Holzkohlenfeuer geschmolzen. Die halbwegs modern anmutende Gasfeuerstelle, die wir in einer Ecke des Raumes entdecken, wird nur noch als Lagerstelle für Kohlensäcke genutzt. „Wir konnten mit Gas nicht die gleiche Qualität erreichen“, erklärt uns Khun Metta, die Besitzerin der Werkstatt. Wahrheit oder Mythos, ihre Arbeiter jedenfalls werkeln wieder über Holzkohlenfeuern.An zwei Feuerstellen arbeiten jeweils Teams von zwei Personen, Männer wie Frauen, zusammen an den ersten Schritten des Herstellungsprozesses.

Auf das Schmelzen und Gießen der Bronzerohlinge folgt das Bearbeiten mit Hämmern auf dem Amboss: Was spa?ter eine Schüssel werden soll, ist zunächst ein unscheinbarer, dunkler Metall-Pfannkuchen, der mit vielen gezielt gesetzten Hammerschlägen in Form gebracht werden muss. Für diese anspruchsvolle, aber monotone und anstrengende Arbeit finden sich keine Arbeitskräfte mehr. Viele der Angestellten gehen auf das Ruhestandsalter zu, aber Nachwuchs ist rar: „Wir haben schon einige junge Leute kommen und gehen sehen, die meisten geben nach kurzer Zeit wieder auf: es ist ihnen zu heiß und zu schmutzig“, klagt die alte Dame mit dem freundlichen und runzligen Gesicht. Sechzig Jahre ist sie alt und arbeitet bei Khun Metta seit ihrem 12. Lebensjahr. Auch keines ihrer drei Kinder, so klagt sie, interessiere sich für ihre Arbeit.

Auf einem kleineren Amboss wird während dessen die erkaltete Form einer Schale mit einem Hammer verfeinert und in Form gebracht, die groben Dellen aus dem ersten Produktionsschritt sollen einer gleichmäßigen Form der Oberfläche weichen. Das ist das metallische Scheppern, das weithin zu hören ist: „bu, bu, bu“, so wird es lautmalerisch auf Thai beschrieben und so kam das Dorf, das heute ein Teil der Stadt ist, zu seinem Namen: Ban Bu.

Die Veredelung

Bisher sieht das Ergebnis der Mühen noch unspektakulär aus. Wenn aber im nächsten Schritt die Schalen mit schwarzem Pech an einer Drehmaschine befestigt werden und mit sorgfältig geübten Handbewegungen die oberste Schicht abgefräst wird, kommt allmählich der warme Glanz der Bronze zum vorschein. Manche der Bronzeobjekte werden von innen und außen auf Hochglanz poliert, oft aber bleibt die Außenseite schwarz und roh und bildet einen besonders schönen Kontrast zur glaänzenden Innenseite. Mehrere Arbeitsschritte folgen, in denen die Kante der Schale geschliffen und bearbeitet und der warme Bronzeton mit verschiedenen Polieraufsätzen verfeinert wird. Traditionelle ornamentale Muster zieren die Außenseite vieler Schalen und Schüsseln, die schließlich ihren Weg in den kleinen Verkaufsraum finden. Für ca. 1200 bis 1600 Baht kann man eine der kleineren Schale mit nach Hause nehmen, um darin Blumen zu dekorieren oder Essen anzurichten.

Eine große Obst- oder Salatschüssel ist ab ca. 4000 Baht zu haben. In jedem Fall darf man ein handgefertigtes Einzelstück sein eigen nennen, deren Zahl limitiert ist, vielleicht sogar bald schon zu einem ausgestorbenen Kunsthandwerk gehört. Denn wenn die Jiam Sang Sajja Bronze Factory in der Zukunft ihren Betrieb einstellt, endet damit die Tradition der „Khan Long Hin“-Bronze von Ban Bu.

Thaizeit

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