Bangkok:

ALTE KRÜGE – NEUE BUDDHAS

THAIZEIT wirft einen Blick auf Thailands Antiquitätenhandel: Die Trends auf dem asiatischen Markt.


Bangkok, mit Direktflügen aus Europa leicht erreichbar, hat sich über viele Jahrzehnte hinweg zu einem Zentrum des Handels mit Antiquitäten entwickelt. Die Öffnung nach allen Seiten, sowie die relativ stabile politische Lage im Vergleich zu den Nachbarstaaten brachten es mit sich, dass Antiquitäten sowohl aus Thailand als auch aus Kambodscha, Burma, Laos, und sogar aus China angeboten werden. Aus China vor allem auch deshalb, da viele Thais mit chinesischen Wurzeln noch starke Beziehungen zu ihrer Verwandtschaft in ihrem Ursprungsland unterhalten.
Der Zustrom an Material scheint schier unerschöpflich, wobei im Laufe der Jahrzehnte bestimmte Zyklen festgestellt wurden . In den 70er Jahren tauchten zahlreiche Gefäße und Bronzen der Ban Chiang Kultur aus dem Norden Thailands auf, deren Alter zunächst maßlos überschätzt wurde. Aber so schlecht sind 2000 Jahre für ein bemaltes Keramikgefäß auch nicht. Heute gibt es kaum ein renommiertes Völkerkundemuseum auf der Welt, das nicht einige Ban Chiang Gefäße in seinen Sammlungen hat. Vereinzelt kann man Ban Chiang Objekte auch heute noch im Handel finden.


ENTSTEHUNG EINES HANDELSZENTRUMS


Mit dem Ende des Pol Pot Regimes in Kambodscha wurden die Grenzen nach Osten durchlässiger. Zahlreiche Khmerfiguren aus abgelegenen Tempelbezirken fanden ihren Weg in die Antiquitätengeschäfte der thailändischen Hauptstadt. Gelegentlich wurden sie wieder eingesammelt und ins Ursprungsland zurückgebracht. Es gab auch Fälle, in denen Fischer im Golf von Thailand auf ein versunkenes Schiff stießen und dessen Ladung anschließend nach und nach in die Regale der Händler wanderte. Im letzten Jahrzehnt tauchten vermehrt Buddha-Figuren aus Laos im thailändischen Handel auf, sowie in Kambodscha ausgegrabene Objekte der vietnamesisch geprägten Dong Son Kultur. Burma und Thailand wurden bisher nicht erwähnt, bilden Objekte aus diesen Ländern doch traditionell das Kernsortiment eines thailändischen Antiquitätenhändlers.
Typisch für die Kunst Ost- und Südostasiens ist, dass es sich in der Regel um religiöse Kunst handelt, und zwar insbesondere in Form von Skulpturen aus Stein, Holz, Bronze oder anderen Materialien. Die europäische Kunst dagegen legt ihren Schwerpunkt auf Bilder aller Art (alte Meister, Impressionisten, moderne und zeitgenössische Maler), was sich deutlich in den Auktionsergebnissen widerspiegelt.

REGIONALE UNTERSCHIEDE

Eine Parallele in der bildenden Kunst Ostasiens zu der in Europa lässt sich allerdings feststellen. Alle frühen Werke sind stets relativ schlicht gehalten, während Stücke aus späteren Epochen reiche Verzierungen aufweisen. Barock und Rokoko in Europa, Ratanakosin in Thailand. Abgesehen davon haben bestimmte Darstellungsweisen einen historischen Bezug, wenn der Buddha beispielsweise in gekrönter Form dargestellt wird, um damit an seine ursprüngliche Herkunft als Königssohnzu erinnern. Chinesen interessieren sich in der Regel für Sammlungsgegenstände des letzten Jahrtausends, die über der Erde zu finden sind. Ausgrabungen aller Art, d.h. also Grabbeigaben, werden in der Regel aus Pietät vor den Verstorbenen ausgeschlossen. Lediglich bei Jaden, und in letzter Zeit bei Bronzespiegeln, werden Ausnahmen gemacht. Für Objekte aus Thailand und dem übrigen Südostasien trifft diese Unterscheidung weniger zu. Entscheidend ist hier vielmehr der Gesichtsausdruck einer Figur, der Erhaltungszustand, und die Patina. Buddhas aus Thailand werden auf dem internationalen Kunstmarkt traditionellerweise am höchsten bewertet, während Buddhas aus Burma, insbesondere aus Bronze, erst in den letzten Jahren mit besserer Qualität auch höhere Preise erzielen konnten. Wie die Kunstsammlung des verschollenen Amerikaners Jim Thompson in Bangkok zeigt (www.jimthompsonhouse.com),konnte man bereits in den 60er Jahren des letzten Jahrhunderts Artefakte aus China und Südostasien zusammentragen und damit eine Wohnumgebung beeindruckend gestalten.

TRENDIGES ASIEN

Heute fühlen sich in Europa und den USA viele Menschen von der Kunst Asiens angezogen und lassen die Ausstrahlung der Buddhafiguren auf sich wirken. Margit J. Mayer, die Chefredakteurin der deutschsprachigen Ausgabe von AD (Architectural Digest), hat die Einstellung vieler Europäer vor kurzem auf den Punkt gebracht: „Der Buddhakopf aus Thailand soll nicht nur schön aussehen. Er soll auch zeigen, dass ich mich abgrenze, dass ich anders bin, dass ich meditiere, Yoga mache und auf das Essentielle konzentriert bin.“ Dass dieser gewaltigen Nachfrage aus dem Westen längst kein entsprechendes Angebot an Originalen mehr gegenübersteht, versteht sich von selbst. Die Anfertigung von Kopien befriedigt diesen Bedarf weitgehend, mit dem Ergebnis, dass 80 – 90 % aller angebotenen Objekte neueren Datums sind. Das ist in Ordnung, nur sollten neue Buddhafiguren nicht als antik angeboten und zu überhöhten Preisen verkauft werden. Wie man zwischen alt und neu bzw. echt und falsch unterscheidet, soll in einem weiteren Artikel dargelegt werden.

Helmut Ploog


Das beste Buch über den Kunstmarkt stammt derzeit von James Goodwin: The International Art Markets Kogan Page Publishers, 2008

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