Die asiatische Lehre: Strategie und Gleichgewicht

Das Go-Spiel ist seit Jahrtausenden fester Bestandteil der Kultur im Fernen Osten. Für Europäer kann es ein Schlüssel zu Erkenntnis und Erfolg sein. Und es macht richtig Spaß! 

Go ist das faszinierendste Strategie-Spiel aller Zeiten. Es lässt sich in fünf Minuten erlernen – aber es reicht ein Menschenleben kaum aus, um es zu meistern. Die Zahl aller möglichen Spielkombination ist höher als die Zahl aller Atome im Universum. Daher ist jedes Spiel eine neue Herausforderung: Es wird sich niemals eines wiederholen.

Das Spiel hat seinen Ursprung in China und wird bereits seit mehr als 4000 Jahren gespielt. Ursprünglich als Wei-qi bekannt, entwickelte es sich in Japan weiter und wird in seiner heutigen Form Go genannt. In Asien spielen etwa 100 Millionen Menschen regelmäßig Go. In China, Japan und Korea gilt Go als Kunst und Kulturerbe. Die Strategien des Spiels dienen hier als Vorbild für Politik, Kriegsführung und Wirtschaft.

Gebiet und Einfluss

Einer der besten und in Thailand sicher der bekannteste Go-Spieler ist Korsak Chairasmisak, CEO von CP All und Herr über 80.000 Angestellte und fast 6.000 Filialen von 7-Eleven. Auch Khun Korsak leitet aus dem Brettspiel Strategien für sein Unternehmen ab. Den Erfolg kann man sehen: Alle Konkurrenten von 7-Eleven sind bei der Gebietsverteilung hilflos unterlegen.

Leben und Tod

Gebietsverteilung – das ist genau der Sinn des Spiels. Nicht die Vernichtung des Gegners, sondern ein größerer Anteil an der Spielfläche ist das Ziel und sollte Ergebnis eines fairen Vergleichs der geistigen Fähigkeiten sein. Der komplexe Spielinhalt reduziert sich auf ein einfaches Brett und simple Spielsteine in zwei Farben. Das Spielfeld besteht aus 19 x 19 Linien, auf deren 361 Schnittpunkten die schwarzen und weißen Steine Zug um Zug ihr Gebiet abstecken. Am Ende gewinnt der Spieler mit dem größeren Gebiet. Doch zuvor müssen vielfältige Konzepte und Strategien angewandt, über Leben und Tod einzelner Gruppen entschieden, Gebiete erobert und Einflusssphären etabliert werden. Wichtig ist es dabei, das Gleichgewicht der Kräfte aufrecht zu erhalten und seine Steine effizient einzusetzen. Ein Spiel dauert durchschnittlich 250 Züge. Geduld und Beständigkeit sind also weitaus wichtiger als schnelle Attacken. Überraschungssiege werden hier nicht erzielt.

Strategie und Geduld

Korsak Chairasmisak ist ebenfalls Präsident des thailändischen Go-Verbands. Er ist überzeugt, dass Go ein guter Trainer fürs Gehirn ist und Kinder bei ihrer Entwicklung unterstützen kann – unter anderem würden kognitive Fähigkeiten geschult, genauso wie strategisches Denken, Problemlösungskompetenz und Geduld. Der Legende nach wurde das Go-Spiel entwickelt, um Shuan, dem Sohn von Kaiser Yao, Disziplin, Konzentration und geistige Ausgeglichenheit zu vermitteln. Go ist aber ebenso eine Schule für Manager. Zielorientierung, Flexibilität, Effizienz und Ressourcenmanagement sind die natürlichen Spielinhalte. Die Art, wie wir Go spielen, spiegelt unsere Persönlichkeit wider und entlarvt unsere Schwächen. Aber das Spiel ist auch eine Quelle der Energie, es kann sehr meditativ gespielt werden und zu Ausgeglichenheit und Entspannung führen. Go ist ganz und gar asiatisch. Für Europäer kann ein Go-Spiel eine Lehrstunde in asiatischer Kultur sein. Bei dem Brettspiel geht es nicht ausschließlich um Logik, sondern auch um Intuition, Erfahrung, Instinkt und vor allem um Strategie. Daher ist es bislang noch nicht gelungen, ein Computerprogramm zu entwickeln, dass einen geübten Amateur schlagen könnte. Ein indischer Unternehmer hat bereits vor Jahren eine Million Dollar für den Programmierer ausgelobt, der solch ein Programm schreiben kann. In Europa ist Go auch als das chinesische Schachspiel bekannt, allerdings hat beides sehr wenig miteinander zu tun. Die Zahl der Spielkombinationen ist bei Go unvergleichbar höher als beim Schach. Dennoch gewinnt das Spiel auch im Westen immer mehr, auch prominente, Freunde. Albert Einstein liebte es, Bill Gates spielt es regelmäßig, George W. Bush lieber nicht – und Russel Crowe verzweifelte in „A Beautiful Mind“ daran.

Mark Sonntag


Thai-Deutscher Go-Club THAIZEIT unterstützt die Gründung des ersten thailändisch-deutschen Go-Clubs. Alle Interessierten melden sich bitte bei der Redaktion. Gemeinsam mit CP All, dem Pathumwan Institut für Technologie und dem thailändischen Go-Verband ist ein Einführungslehrgang für deutschsprachige Menschen in Thailand geplant. Bitte schreiben Sie an: info@thaizeit.de Regeln und Infos Deutscher Go-Bund www.dgob.de Thailändischer Go-Verband www.thaigo.org

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