Kinderzeit:
Der kleine Publikumsliebling
In unserer neuen Kolumne erzählt Ute Bäuchl von den Erlebnissen mit ihrem 3-jährigen Sohn in Thailand. Heute berichtet sie davon, wie ein Kleinkind es schafft, einem ausgewachsenen Elefanten die Show zu stehlen.
Anton ist blond. Nicht dunkel- oder mittelblond oder dieses schwer zu definierende mittelbraun. Nein, mein 3-jähriger Sohn hat die strohblonden Haare eines Engels oder – was eher auf ihn zutrifft – wie der berühmte, freche Michel aus Lönneberga.
Ja, und? Mögen Sie nun denken, ist doch hübsch. Klar, ist es auch. Finden wir – die braunhaarigen – Eltern, und besonders jeder, wirklich jeder Asiate, der uns begegnet. Weshalb letztere Antons außergewöhnliche Haarpracht am liebsten einmal flugs berühren möchten. Ganz gleich, ob wir gerade im Restaurant eine Suppe schlürfen oder auf dem Spielplatz toben. Die Thais finden immer einen Weg mal eben schnell – natürlich mit einem Lächeln – die Hand über seinen Schopf zu streichen. Mal nur so im Vorübergehen oder gezielt mit einer kleinen Armverdrehung und manchmal auch ganz frech von hinten angepirscht. Auch wenn jeder Reiseführer etwas anderes behauptet: In der thailändischen Kultur ist Körperkontakt ganz selbstverständlich – für uns manchmal gewöhnungsbedürftig.
Blonde Kinder sind rar in der Stadt der Engel und deshalb total beliebt und gern gesehen. Das Anfassen einer so außergewöhnlichen Mähne soll sogar Glück bringen. Meistens führt es aber eher zu einem spitzen Aufschrei meines Goldjungens.
Neulich im Zoo mit Freundin Christina war es mal wieder soweit: Wir stehen vor dem Elefantengehege, mit lauter riesigen Dickhäutern, die lustig laut tröten und alle Kinderblicke auf sich ziehen. Doch die thailändischen Eltern finden Anton einfach viel spannender als die grauen Riesen, scharen sich dicht um ihn und zwitschern „narak, narak“ („so süß“) ohne Unterlass. Anton schreckt zurück, doch sein Selbstbewusstsein schlägt Purzelbäume. Die ebenso naturblonde Freundin wird dabei gar nicht beachtet – was sie auch gar nicht weiter schlimm findet.
Doch sind es wirklich die superblonden Haare die soviel Aufmerksamkeit auf sich ziehen? Oder liegt es vielleicht nur an seinem zuckersüßen Lächeln? Die ultimative Bestätigung bekamen wir, als wir mit der amerikanischen Familie Miller in die nahe gelegene „Paradise-Mall“ (siehe Artikel) gingen. Ihr Sohn, Michael, ist genauso alt, genauso süß und genauso frech wie Anton, aber eben braunhaarig – und wurde nur aufgrund dieses leichten Farbunterschieds komplett ignoriert!
Während die beiden Jungs dort im riesigen Spielpark auf knallbunten Flugzeugen hoch und runter fliegen und dabei Kleinkind-typische Freudenschreie ausstoßen, versammelt sich gar eine kleine Fangemeinschaft um unseren Sohn. Das selbe später beim Wettrennen in den langen Fluren des Freizeittempels: Michael voran, Anton hinterher – und gerade als er ihn fast eingeholt hat, stellt sich ihm ein Thai in den Weg, um ihn abzufangen. Pech gehabt!
An Fotogewitter ist Anton auch schon gewöhnt: Jedes Mal wenn wir in Bangkok typische Touristen-Attraktionen wie etwa den Grand Palace besuchen, wird Anton mindestens so oft fotografiert wie der Golden Chedi. „Can I make photo?“ fragen die asiatischen Touristen dann. „Klar“, antworte ich, „kostet nur 20 Baht“. Da kichern sie und knipsen los.
Das „Superstar-Phänomen“ hat auch viele gute Seiten: So kann sich Anton überall fürchterlich daneben benehmen und wird immer noch wie ein Engelskind behandelt. Oft bekommt er auch kleine Geschenke von wildfremden Leuten, die er mir dann stolz vorführt. Und er könnte auch nie verloren gehen, weil er in der Masse schwarzhaariger Thai-Kinder immer heraus sticht.
Übrigens: Neulich haben wir in einem Anfall von totalem Aufmerksamkeits-Überdruss den Kleinen einfach zum nächsten Frisör geschleppt und alle Haare blitzblank abrasieren lassen – sieht klasse aus und der Kahlschlag wirkt soweit wahre Wunder!
Ute Bäuchl
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