Massenproteste in Bangkok:

Ursachen und Auswirkungen

Was ist in Thailand los? Was wollen die Demonstranten erreichen? Wie re(a)giert die Regierung? Ein Überblick.


Bangkok, 26.11.2013

Wer nicht in Thailand lebt, dem mag unklar sein, warum derzeit Hunderttausende Menschen auf die Strasse gehen. Erinnerungen an die Proteste von 2008 und 2010 werden wach, die zum Teil blutig endeten. Nachdem Regierungsgegner am Montag, den 25.11.2013, das Finanz- und Außenministerium belagert hatten, gilt in Bangkok der AusnahmezustandAktuelle Updates der Redaktion lesen Sie bitte unten in der Infobox.
Schon seit Jahren brodelt es im Königreich. Die Proteste richten sich vor allem gegen Ministerpräsidentin Yingluck Shinawatra. Sie ist die Schwester des Ex-Ministerpräsidenten Thaksin Shinawatra, der nach dem Militärputsch im Jahre 2006 wegen Amtsmissbrauchs und Korruption zu zwei Jahren Haft verurteilt wurde. Vor der Vollstreckung floh er ins Exil, von wo er - laut Aussage von Demonstranten und Parteimitgliedern - weiterhin die politischen Fäden im Hintergrund zieht. Ziel der Regierungsgegner ist es, den gesamten Shinawatra-Clan zu entmachten und die Regierung zu stürzen

Hintergründe, Daten & Fakten 

2001-2006: Thaksin Shinawatra war der erste demokratisch gewählte Ministerpräsident, der die volle vierjährige Amtszeit ausüben konnte. Die von ihm im Jahre 1987 gegründeten IT-, Telekommunikations- und Medienunternehmen Shin Corp und AIS machten ihn bereits vor Amtsantritt zu einem der reichsten Männer Thailands. Nachdem er milliardenschwere Anteile an seinem Unternehmen steuerfrei an ausländische Investoren verkauft hatte, kam jedoch erhebliche Kritik auf.

  • PRO:

Thaksins Regierung bekämpfte die Armut, sorgte vor allem auf dem Land für eine bessere Gesundheitsversorgung und investierte in die Infrastruktur. Geplant waren außerdem Hilfen für Banken und Senkung der Steuern. Er führte auch ein "Kampf gegen Drogen", allerdings rigoros und ohne jede Rücksicht (rund 3.000 Menschen wurden außergerichtlich exekutiert. Amnesty International stuft das als CONTRA ein). Vor allem die arme Bevölkerung glaubte an ihn; hoffte auf Besserung der Lebensumstände. 

  • CONTRA:

Für die Mittelklasse und Oberschicht ist Thaksin ein Feindbild. Zahlreiche Hinweise belegen: er nutzte sein Amt v.a. für eigene Geschäftsinteressen. Eine Bürgerbewegung gegen ihn, die Volksallianz für Demokratie („Gelbhemden“), machte mit Massenproteste auf seine "Machenschaften" aufmerksam; warf ihm Bestechung, Amtsmissbrauch und Streben nach Alleinherrschaft vor. 2006 floh er nach einem Putsch gegen ihn ins Exil.  
2008: Weitere Massenproteste erschüttern das Land. Ziel: Den politischen Einfluss von Thaksin aus dem Exil zu unterbinden. 2008 legten Thaksin-Gegner den Flughafen lahm.  2010: In Erinnerung an die Versprechungen des ehemaligen Ministerpräsidenten demonstrierten diesmal Thaksin-Unterstützer (die sogenannten "Rothemden") mit dem Ziel, Thaksin zurückzuholen. Bei bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen Regierungstruppen und Regierungsgegnern kamen 90 Menschen ums Leben. Nicht nur die Soldaten waren bewaffnet.
2011: Thaksins Schwester, Yingluck Shinawatra, trat bei der Parlamentswahl in Thailand 2011 als Spitzenkandidatin der Pheu-Thai-Partei (PTP) an. Sie bezog sich im Wahlkampf explizit auf ihren Bruder und gewann die Wahlen. Mithilfe von Videokonferenzen nimmt Thaksin regelmäßig an Sitzungen von Yinglucks Kabinett, der Pheu-Thai-Partei und ihrer Parlamentsfraktion teil. (Quelle: Wikipedia)
2013: Anfang November 2013 verabschiedet Ministerpräsidentin Yingluck Shinawatra ein Amnestie-Gesetz, das u.a. eine Rückkehr von Ex-Ministerpräsident Thaksin Shinawatra aus dem Exil ermöglichen sollte und sämtliche Personen "freigesprochen" hätte, die in die gewalttätigen politischen Proteste der vergangenen Jahre verwickelt waren. "Sie wollen nur die Weste von Thaksin, seinen Befürwortern und allen politischen Straftätern reinwaschen", klagten die Gegner des Vorhabens. Hunderttausend Thais gingen auf die Strasse.
  • 7.11.2013  Die Tourismusindustrie stöhnte angesichts der erneuten politischen Unruhen - der heftigsten Protestwelle seit 2010. Unter extremen Druck zog Yingluck den Entwurf des Amnestie-Gesetzes zurück, der Senat lehnte es in letzter Instanz ab, und somit trat das Gesetz nicht in Kraft. Yingluck forderte die Bevölkerung auf, umgehend die Massenproteste zu beenden, um den Land nicht weiter zu schaden. Thaizeit berichtete ausführlich...
  • 25.11.2013 Der aufgestaute Hass gegen die "undurchsichtige Politik" des Thaksin-Clans eskalierte. Längst geht es den Regierungsgegnern nicht mehr um das Amnestie-Gesetz, sondern um den Sturz der Regierung unter Yingluck Shinawatra. 13 Märsche wurden organisiert; zahlreiche Ministerien, Regierungsgebäude, Fernsehsender, Kasernen und Polizeiwachen belagert. Im Großraum Bangkok wurde der Ausnahmezustand ausgerufen. "Morgen werden wir alle Ministerien stürmen“, drohte der Anführer der Proteste, Suthep Thaugsuban. „Das System Thaksin kann nicht länger funktionieren.“
  • 26.11.2013 Unterdessen lehnte die Ministerpräsidentin einen Rücktritt ab, ebenso wie die Auflösung des Parlaments. Die Opposition brachte heute einen Misstrauensantrag im Parlament ein. Sie wirft Shinawatra und der Regierung Versagen vor. Weil die Koalition um die Partei Pheu Thai aber über eine absolute Mehrheit verfügt, hat der Antrag laut Insidern jedoch kaum Chancen. Yingluck bat die Bevölkerung eindringlich darum, „sich den illegalen Protesten nicht anzuschließen und das Gesetz zu respektieren“. Gewalt wolle sie nicht einsetzen, sondern sie suche nach einer friedlichen Lösung mit allen Beteiligten.

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