Thailand News:
Regierungschaos und Proteste im Regierungsviertel
Mit der Besetzung des Regierungsgebäudes in Bangkok und den darauf folgenden Ausnahmezustand in der Hauptstadt haben die von der People Alliance for Democracy (PAD) geführten Proteste gegen die korrupte Führung des ehemaligen Premiers Thaksin Shinawatra einen späten Höhepunkt erreicht.
Als ähnlich ausdauernde Proteste 2006 auf dem Platz Sanam Luang vor dem Königspalast zur Entmachtung Thaksins führten, konnte man höchstens ahnen, dass sich der Zustand noch über zwei weitere Premierminister halten wird.
Mittlerweile gehören die Demonstranten im gelben Shirt zum Stadtbild. Besonders im Regierungsviertel, das weiträumig mit Straßenblockaden und einer beeindruckenden Infrastruktur zur besetzten Zone erklärt wurde. Hunderte oder tausende Regierungsgegner leben hier im und um das historische Regierungsgebäude in Zelten, auf Kartonagen oder im Klappsessel. Kostenlose Essensausgabe, gezimmerte Duschen am Straßenrand und Kundgebungen mit Musik von professionellen Bühnen erinnern an manche Festivalexzesse in Europa – nur Alkohol ist strikt verboten. Marktstände mit Shirts und Spielzeug säumen die Wege und tausende klappernde Plastikhände am Stiel sind zum neuen Symbol der Proteste geworden. Wir haben uns umgehört, wie die Leute in Bangkok die Proteste erleben.
Somchit M. (37)
Straßenverkäufer vor den Barrikaden Ich habe hier nun schon seit fast drei Monaten meinen Verkaufsstand und es läuft richtig gut! Den größten Umsatz bringen „Krachmacher“ wie diese Plastikklatschhände, damit die Demonstranten bei den Ansprachen rund um die Uhr nicht dauernd selbst in die Hände klatschen müssen. Natürlich verkaufe ich auch verschiedenste Variationen von gelben Hemden und andere, meist gelbfarbene PAD-Artikel. Mit dem politischen Hintergrund habe ich ansonsten nichts zu tun, es interessiert mich nicht, ob die Demonstranten rote oder gelbe Shirts tragen. Es ist einfach ein gutes Geschäft, hier zu verkaufen.Sumpad B. (42)
Angestellter aus Nakhon Sawan Ich lebe seit 27 Tagen hier vor dem Regierungshaus und habe es mir mittlerweile schon recht gemütlich eingerichtet. Wahrscheinlich bleibe ich noch ein paar Tage, bevor mich eine Gruppe Gleichgesinnter aus meiner Heimatstadt ablösen wird. Wir wechseln uns hier ab, die eine Gruppe kommt, die andere fährt zurück. Die PAD organisiert hier alles gut, dreimal täglich freies Essen, saubere und ausreichende Toiletten und Duschen, die Leute sind entspannt und freundlich. Trotzdem freue ich mich wieder auf zuhause und auf meine Frau und Kinder.James (28) und Anna-Lena (21)
Touristen aus Irland und Deutschland Ja, natürlich haben wir schon vor unserer Abreise von den politischen Turbulenzen gehört und viel darüber im Fernsehen gesehen. Gerade BBC hat sehr ausführlich darüber berichtet. Das war aber kein Anlass für größere Bedenken oder das Absagen der Reise. Freunde von uns leben in Thailand und haben uns sofort gesagt es sei sicher, wir sollten nur die Umgebung des Regierungsgebäudes meiden. Wir haben bisher auch noch keine Touristen getroffen, die schlechte Erfahrungen gemacht hätten – politische Unstimmigkeiten gibt es doch wohl fast in jedem Land.Sunantha (28)
Angestellte im Reisebüro Ich habe eigentlich nicht den Eindruck, dass wegen der Unruhen wesentlich weniger Touristen nach Bangkok kommen. September ist allgemein ein schwacher Monat mit viel Regen. Vielleicht sind es tatsächlich ein paar weniger, aber das Reisen in Thailand ist ja auch viel teurer geworden, Hotels, Essen, Bus- und Zugfahrten werden teurer – das sind die Dinge, über die Touristen häufig klagen. Ich habe jedenfalls niemanden getroffen, der wegen der Proteste Ausflüge abgesagt hat oder früher nach Hause fliegen wollte. Natürlich waren die Sperrungen der Flughäfen nicht förderlich, auf lange Sicht geschadet haben sie aber nicht.Manot S. (42)
Tuktuk-Fahrer in Bangkok Es ist eine Schande für Thailand, diese Leute von der PAD haben keinen Grund und auch kein Recht, das Regierungsgelände zu besetzen. Die Regierung wurde rechtmäßig gewählt und sie haben nun mal nicht gewonnen. Weil sie schlechte Verlierer sind, demonstrieren sie weiter und weiter. Ich meide die Gegend schon länger, da ist jetzt immer nur Stau, vor allem am Wochenende. Bedauerlich, das Thaksin das Land verlassen musste. Er war ein cleverer Mann, der viel für den Aufschwung der Wirtschaft in Thailand getan hat. Das nun sein Schwager der neue Premier ist, finde ich eine gute Entscheidung.Sebastian Walter und Lena Battenberg
Touristen aus Deutschland Selbstverständlich wissen wir von den politischen Problemen hier, aber uns Touristen betrifft das doch so gut wie gar nicht. Wir fühlen uns sicher hier. Wir sind nicht zum ersten Mal in Thailand und waren zufällig auch beim letzten Coup hier im Urlaub, als Thaksin gehen musste. Auch damals haben wir von den Auseinandersetzungen nichts mitbekommen. Das Ganze wird von den Medien wohl viel zu sehr aufgeblasen – Thailand ist für uns eines der sichersten Reiseziele überhaupt.Somchai und Wipawanee N.
Ressortbesitzer auf Phuket Wir kommen einmal im Monat den weiten Weg aus dem Süden hochgefahren um für ein paar Tage politisch Gleichgesinnte zu unterstützen. Es sind ohnehin hauptsächlich Thais aus dem Süden, die hier die Proteste aufrecht erhalten. Die aus dem Norden sind wohl lieber am Sanam Luang ,tragen rote Shirts und befürworten die jetzige Regierung. Thaksins und Samaks Abtreten war schon ein Erfolg, aber seinen Schwager als neuen PM einzusetzen ist nicht akzeptabel. Solange das Thaksin-Regime weiter das Land regiert, solange werden wir den weiten Weg in Kauf nehmen um hier zu demonstrieren. Wohnen werden wir auf dem Gelände aber nicht, ein Hotelzimmer mit Klimaanlage und warmen Wasser soll es für uns schon sein.Gei (38)
Ordnungshelfer an den Barrikaden Ich bin hier seit drei Monaten schichtweise für die Sicherheit der Demonstranten verantwortlich. Wir kontrollieren die Taschen jedes einzelnen, man kommt nicht einmal mit einem kleinen Taschenmesser an uns vorbei. Doch die meisten Leute hier sind friedlich und wollen keinen Streit oder Gewalt, sondern nur ihre politische Meinung kundtun. Alle helfen freiwillig, wir erhalten keinerlei Unterstützung oder Bezahlung. Wir tun es, weil wir Thailand lieben. Ein Foto von mir dürfen sie aber nicht machen, da ich Angst vor bezahlten Kopfgeldjägern habe.Pamela Jultanu
Weitere interessante Artikel