Sag mir, wo die Khwais sind
Auf den Reisfeldern und Grasweiden in Thailand wird es einsam: Es gibt immer weniger Wasserbüffel. THAIZEIT fragt sich: Wo sind sie hin?
Sanftmut war auf diesem Planeten noch nie eine Primärtugend im Überlebenskampf. Der
Wasserbüffel ist so sanftmütig, dass er sich
von kleinen Kindern führen lässt.
In Thailand lässt sich das beobachten:
Dunkelgraue Riesen, die wie angeleinte Dackel hinter Bauern trotten. Aber das Bild wird
seltener. Der Wasserbüffel macht sich rar.
Das Landwirtschaftsministerium hat nachgezählt: In Thailand gibt es
noch rund 1,3 Millionen Wasserbüffel. Damit sind sie noch keine aussterbende Spezies, aber
1980 waren es noch
sechs Millionen. Das Königreich hielt den
Weltrekord im
Wasserbüffelbestand. Heute gibt es selbst im dünnbesiedelten Laos mehr von ihnen.
Die Khwais, wie s
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ie hier genannt werden, haben
drei natürliche
Feinde: Krokodile, Tiger und den
Fortschritt. Die ersten beiden sind vergleichsweise harmlos. Letztgenannter ist sprichwörtlich unaufhaltsam. Der Zahn der Zeit ist schärfer als jedes Raubtiergebiss. I
n einer Welt voller Traktoren wird der Wasserbüffel nicht mehr gebraucht.
Zuerst zog der Mensch dem Büffel einen Ring durch die Nase und ihn dann über die Äcker, jetzt lässt er ihn sitzen. Wehren kann sich der asiatische Wiederkäuer mit seinen
Pazifistenhörnern ja nicht. Die werden zwar so lang und dick wie die Arme eines Mannes, sind aber nach hinten gebogen.
Zum Aufspießen völlig ungeeignet.Attraktion in der Manege
Welches Schicksal teilen also die verbliebenen 1,3 Millionen? In dieser Hinsicht ist das Land gespalten:
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In
Südthailand wird nach wie vor die
Tradition des Büffelrennens (Chonburi) und des
Büffelkampfes gepflegt. Zwei Rinder schieben sich dabei Nacken an Nacken so lange durch eine Arena, bis eines den Rückzug antritt. Man muss das nicht geschmackvoll finden, aber im Gegensatz zu Hahnenkämpfen geht es wenigstens
nicht um Leben und Tod.
Im Norden mag man d
as Rindviech dagegen gerne filetiert auf dem Teller. Und in Bangkok wird seit einigen Jahren versucht, den
Büffel an
Käsetheke und Kühlregal zu führen.
Büffelprodukte als Lifestyle-Food
Die Murrah Dairy Company reklamiert für sich den Titel als erste und einzige Wasserbüffel-Molkerei Thailands. Neben
Milch im Tetrapack bietet das Unternehmen auch
Mozzarellakäse
und Yoghurt, alles
frisch vom Khwai.
Das hat zwar
kulinarisch durchaus seinen
Reiz – aber ist es das passende Produkt für die figurbewusste Stadtbevölkerung? Was aus dem Wasserbüffeleuter kommt hat immerhin einen
doppelt so hohen Fettgehalt wie die Produkte herkömmlicher Hausrinder. Auf lange Sicht wird der
Wasserbüffelschwund auch durch die Milchwirtschaft nicht zu stoppen sein.
In der Bangkok Post war unterdessen zu lesen, dass sogar
Ihre Majestät die Königin sich dem Problem angenommen und den Bauern geraten hat, statt weiter in Maschinen zu investieren,
wieder die Büffel vor den Pflug zu spannen. Mit der Begründung, auf die Tiere sei auch dann noch Verlass, wenn es wirtschaftlich bergab gehe und
Traktoren teuer werden.
Die Thais verehren ihre Monarchie, aber um das Rad der Zeit zurück zu drehen, ist es wahrscheinlich zu spät ...
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Christoph Stockburger