Auswandern nach Thailand: Same same, but different...

Die kulturelle Brückenbauerin Astrid Kainzbauer hilft Deutschen in ihr neues Leben in Thailand und hilft Thais durch den deutschen Alltag.

Pascal Nufer, kulturelle, Leben in Thailand
Kann man sich auf ein Leben in einer fremden Kultur vorbereiten? – „Bis zu einem gewissen Grad ja“, sagt die Expertin Astrid Kainzbauer. Aber eben, nur bis zu einem gewissen Grad. In Kursen bereitet sie nicht nur Thais auf ein Leben in Europa vor, sondern auch umgekehrt. – Ihre kulturellen Brücken können den Einstieg erleichtern, im Alltag muss man aber immer noch selber bestehen.
„Es sind letztlich die kleinen Dinge im Alltag, die einem das Leben schwer machen, es sind aber gleichzeitig auch diese kleinen Dinge, die den Reiz des Lebens im Ausland ausmachen.“ sagt Astrid Kainzbauer, die selber ihre Heimat Österreich vor gut drei Jahren verlassen hat, um in Thailand an der Mahidol Universität zu unterrichten. Sie ist Fachfrau in interkulturellen Fragen und weiß nicht nur aus der Theorie, was es heißt, wenn man seinen eigenen Kulturkreis verlässt und mit Hab und Gut in eine neue Heimat zieht, die eigentlich gar nichts mit dem zu tun hat, was man von seiner Kindheit her kann


Familie mit einbeziehen

„Es ist ein Schritt mit dem längst nicht alle klar kommen.“ sagt die Professorin und verweist auf Erfahrungswerte von internationalen Konzernen, die deutlich zeigen, dass die globalisierte Welt zwar auf dem Papier und auf den Bildschirmen längst existiert, dass sie aber in der realen Umsetzung immer noch ihre  Tücken hat. Ein Manager ist in der Theorie schnell von München nach Bangkok versetzt, wie dann aber die Umsetzung konkret aussieht, ist oftmals mit vielen Schwierigkeiten verbunden. „Ein wichtiger Faktor sind immer die familiären Konstellationen“ weiß Astrid Kainzbauer. „Eigentlich haben die meisten Probleme, die es bei einem Umzug ins Ausland gibt, mit den Lebenspartnern oder der Familie zu tun“. Und so erstaunt es nicht, dass Astrid Kainzbauer in ihren Vorbereitungskursen wenn möglich auch mit ganzen Familien arbeitet. „Es ist sinnvoll, alle Beteiligten von Anfang an in diesen Prozess einzubeziehen.“ Denn was oft unterschätzt werde, sei die schwierige Situation, in die sich eine Partnerin oder ein Partner begibt, wenn sie so quasi als Anhängsel folgen. „Für die Person, die eine Arbeit hat am neuen Wohnort, ändert sich nicht so viel“. erklärt die Österreicherin, denn auch im Ausland bestimme schnell die Arbeit den Lebensrhythmus. Für eine Partnerin, die keine Anstellung habe, beginne aber mit dem Umzug in eine neue Umgebung plötzlich ein Leben mit sehr viel Freizeit, die oftmals nicht einfach auszufüllen sei. Hinzu kommt, dass man sich in die totale finanzielle Abhängigkeit seines Partners begibt und sich im Extremfall unnütz und minderwertig vorkomme. Auch für Kinder ist ein Umzug mit vielen Schwierigkeiten verbunden; Schwierigkeiten, die einen dann auch als Eltern ins Zweifeln bringen können. Gibt es am neuen Ort eine gute Schule? Finden unsere Kinder neue Freunde? Wie kommen sie mit der neuen Sprache klar? Können sie bei einer allfälligen Rückkehr nach Hause wieder zurück auf die alte Schule? All diese Fragen sollten möglichst schon vor der Abreise gestellt und bedacht werden. In der Realität gehen sie aber oft vergessen. „Manchmal bleibt halt einfach zu wenig Zeit, alles zu bedenken, was da auf einen zukommen kann“, weiß Astrid Kainzbauer, denn oftmals wird in großen Konzernen sehr kurzfristig entschieden. Hinzu komme, dass Firmen, die ihre Leute ins Ausland senden, auch selten an die Familien der Angestellten denken würden.

Freundschaften weiter pflegen

Für Astrid Kainzbauer ist deshalb klar, dass in ihren Vorbereitungsprogrammen, wenn immer möglich auch das soziale Umfeld thematisiert seinen Platz braucht. „Wenn ich von einer Firma beauftragt werde, jemand auf einen Umzug ins Ausland vorzubereiten, gibt es im Normalfall zwei Schwerpunkte: einerseits den Arbeitsbereich und andrerseits den Alltag und das Umfeld.“ Wenn also beispielsweise ein  thailändischer Manager mit seiner Familie nach Deutschland geschickt wird, geht es in einem ersten Block darum, die Eigenheiten einer deutschen Firmenstruktur zu erklären. „Wichtigster Unterschied ist in dem Bereich sicher die Direktheit der Kommunikation.“ Gerade für Thais, die gewohnt seien, vieles mit einem Lächeln zu kaschieren sei die sehr direkte europäische Art ein großer Stolperstein. „Sie sind auch nicht gewöhnt in einer Sitzung offen ihre Meinung zu sagen.“ Nebst der Arbeitswelt lauern aber auch im Alltag viele Hindernisse: „Vieles was auf den ersten Blick ähnlich erscheint, ist bei genauer Betrachtung doch verschieden und birgt Frustrationspotential.“ erklärt Kainzbauer. So kann es sein, dass je nach Vorwissen der Kursteilnehmer auch einmal über wintertaugliche Kleider, Müll trennen oder die Benützung von öffentlichen Verkehrsmitteln geredet wird. Es seien aber auch persönliche Sachen, wie gute Freundschaften, die thematisiert würden in ihren Kursen. Gute Freundschaften seien ein wichtiges Thema, denn auch die seien wichtig für ein glückliches Leben in der Ferne, „Es tut mir immer gut, wenn mir eine Freundin am Telefon sagt, dass sie stolz auf mich sei, wie ich das alles meistere so alleine im Ausland.“ sagt die Professorin und spricht da aus eigener Erfahrung. Es sei enorm wichtig, den Kontakt zu alten Freunden weiter zu pflegen und den Anschluss ans „Zuhause“ nicht zu verlieren. Denn gerade in schwierigen Zeiten sind es die Ratschläge von alten Freunden, die einem Trost spenden können, manchmal schon per E-Mail oder SMS.

Drei Monate Schonfrist

Es sei abgesehen davon auch normal, dass es solche Krisen gebe. Momente, in denen man den Schritt anzweifelt und lieber wieder zu Hause wäre, wo alles einfacher und bekannter wäre, gäbe es immer. „Der kritische Punkt ist normalerweise so nach drei bis vier Monaten“. sagt Astrid Kainzbauer. Denn nach diesem Zeitraum verliere die neue Umgebung meistens langsam den Reiz und aus dem anfänglichen „Feriengefühl“ wird Alltag. „Auch die Schonfrist am Arbeitsplatz ist dann vorbei und es wird nach Resultaten und Leistungen verlangt“. Aus ihrer Sicht wäre es sinnvoll gerade in dieser kritischen Phase ein weiteres Training zu machen, allerdings hätten dies die Firmen noch nicht eingesehen, schmunzelt die interkulturelle Trainerin. Es sei ja schon sehr positiv zu werten, dass es immer mehr Unternehmen gäbe, die merken, dass mit solchen Einstiegshilfen weniger Leute schon am Anfang scheitern und sie nach dem ersten Kulturschock gleich wieder zurückgeschickt werden müssten. „Aber wer weiss, vielleicht ändert sich da ja was in Zukunft.“ sagt die Österreicherin und lächelt mit einer beinahe schon thailändischen Gelassenheit.
Pascal Nufer

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