Fliegen, Segeln, Rad:

Wenn Bubenträume wahr werden!

Fliegen, Segeln oder per Rad um die Welt: Der Schweizer Roman Beerli ist vor einem Jahr aufgebrochen, seine Träume zu leben.


Irgendeinmal will ich die Welt von oben sehen!“ schwor er sich schon als kleiner Junge und träumte wie viele andere in seinem Alter vom Fliegen. Rund 20 Jahre später hat der heute 31 jährige Schweizer seinen Bubentraum verwirklicht: In Thailand erlernt Roman Beerli das Fliegen. Und nicht nur das. Schon sein Weg nach Asien war die Erfüllung eines lange gehegten Wunsches.
Schlaff hängt der gelbe Windsack an einer Stange und die Morgensonne wirft sein Abbild als langen Schatten auf die rotbraunen Erdflecken der zernarbten Graspiste. Ein lautes Knattern durchbricht die Morgenidylle und lässt das Konzert der Grillen und Vögel auf einen Schlag verstummen. Es ist halb sieben in der Früh, die Zeit wenn auf dem kleinen Sportflugplatz am Rande von Pattaya der Tag beginnt.

Durchchecken und los

Noch einmal alles durchchecken und dann kann es losgehen: Es ist windstill, der Motor läuft regelmäßig, die Bremsen funktionieren, der Helm sitzt, die zehnte Flugstunde beginnt. Höchste Konzentration ist aus dem Blick des braungebrannten Flugschülers zu lesen, als er sorgfältig das dreirädrige Vehikel mit dem bunten, deltaförmigen Segel vom Hangar auf die Piste steuert. Hinter ihm sitzt Tom, sein Fluglehrer. Von seinem leicht erhöhten Sitz aus gibt er über die Gegensprechanlage letzte Anweisungen, die sogleich im Lärm des Propellers untergehen. Und schon heult der Motor auf, Roman Beerli schiebt das Trapez aus feinen Aluminiumrohren, das direkt mit dem Segel über seinem Kopf verbunden ist nach vorne und drückt mit dem rechten Fuß aufs Gaspedal.  Nach wenigen Metern hebt das Vorderrad ab und schon steuert das Kleinflugzeug gen Osten, der blutroten Morgensonne entgegen und lässt die Graspiste unter sich zurück.

Sicher in die Lüfte

 „Starten und Landen“ steht heute auf dem Programm.  Wie schon die Tage zuvor setzt der Jungpilot dafür die Räder des Flugzeugs im Fünfminutentakt kurz auf die Piste um gleich darauf wieder durchzustarten, und mit seinem motorbetriebenen Flugdrachen einen nächsten Kreis in den Himmel zu zeichnen.  „Well done!“ wird Fluglehrer Tom später in seinem Schottischen Akzent rufen, wenn das Flugzeug vor dem Hangar zum Stehen kommt. Roman sei ein guter Schüler und könne wohl bald schon seinen ersten Soloflug antreten. „Fünfzehn Stunden sollten reichen,“ meint er und dann schicke er Roman zum ersten Mal alleine da rauf. Und wenn Tom das sagt, dann spricht ein erfahrener Pilot und Fluglehrer. Man würde es  ihm glatt abnehmen, wenn er von sich behauptete, ein direkter Nachkomme von Ikarus, dem sagenhaften Flugpionier aus der griechischen Mythologie zu sein. Das Fliegen liege ihm im Blut, so sagt er, besonders das Ultralight-Fliegen. So war Tom denn auch einer der ersten, der in Thailand mit diesen Leichtflugzeugen in die Lüfte stieg und die nötigen Voraussetzungen für die Verbreitung dieses Luftsportes schuf. Auch als Lehrer überzeugt er, wie Roman Beerli bestätigt. „Ich fühlte mich nie unsicher mit Tom. Er ist topseriös und hat sein Material wirklich im Griff.“

Besser als im Traum

Mit einem schnatternden Geräusch flattert der gelbe Luftsack mittlerweile schon ganz ordentlich und meldet, dass sich die Windverhältnisse geändert haben. Roman Beerli scheint zufrieden, die Anspannung ist aus seinem Gesicht gewichen und mit einem Lächeln sagt der ausgebildete Grundschullehrer: „Es ist ein unbeschreibliches Gefühl, wenn du da oben bist. Besser als in meinen kühnsten Träumen. Langsam kann ich es auch richtig genießen.“ Es sei ein bisschen wie Radfahren, fügt er an, seine eigentliche grosse Leidenschaft. Auch beim Radfahren spüre man seine Umgebung so unmittelbar, weil einen keine Windschutzscheibe und kein Blech von der Aussenwelt abschirmen. Ähnlich sei auch der Körpereinsatz, den es brauche um so ein Flugzeug zu steuern, auch der komme den Balance-Akten beim Radfahren nahe.

Dimensionen erfahren

Sein Rad lehnt an der Blechwand des Hangars. Ein unscheinbares schwarzes Fahrrad, dem man nicht ansieht, dass es schon Tausende von Kilometern auf dem Zähler hat und wohl noch weitere Zehhntausende vor sich hat. Bevor Roman Beerli sich in Thailands Lüfte erhob, war er ziemlich genau ein Jahr lang unterwegs: In Heiligkreuz, einem kleinen Dorf im Nordosten der Schweiz startete er im Februar 2006 zur Erfüllung eines anderen Traumes: Der Abenteurer wollte die Dimensionen der Erde buchstäblich erfahren und zwar aus eigener Muskelkraft. Sein Ziel Bangkok lag damals noch rund 20 000 Kilometer entfernt und zum Einstieg erwarteten ihn als erste Herausforderung schon einmal ein paar verschneite Alpenpässe. „Rückblickend war das aber längst nicht das schlimmste“ erklärt der Weitgereiste. Sein Weg führte ihn zuerst durch den Balkan in die Türkei, in den Iran und dann über Zentralasien in den Tibet, von wo aus er via China und Laos schliesslich nach Thailand gelangte. „Zu den härtesten Abschnitten gehörte sicher meine Fahrt durch die Wüste Garagum in Turkmenistan.“ Bei Temperaturen bis zu 50 Grad Celsius schwindet auch beim zähesten Abenteurer die Lust. Aber auch diese Strapazen hielten ihn nicht davon ab, seine Träume weiterhin zu verwirklichen und sein Ziel Bangkok nicht aus den Augen zu verlieren.

Nie ausgeträumt

Zu viele wunderschöne Momente bestätigten ihm immer wieder, dass es sich lohnt, sich durch solche Tiefpunkte nicht entmutigen zu lassen. „Es sind vor allem die Begegnungen mit Menschen, mit denen man sonst nie in Kontakt kommt, die einen vorantreiben.“ Und solche solls auf Roman Beerlis Reise noch viele weitere geben. „Sobald ich das Fliegen beherrsche, will ich weiter.“ verrät er und aus seinen dunklen Augen blitzt Entschlossenheit und Abenteuerlust. „Der nächste Traum wartet!“ – Per Segelschiff will er die erste Etappe seiner Heimreise von Thailand zurück in die Schweiz antreten, um so die Andamansee zu überqueren und sich dann wieder in den Sattel seines Rades zu schwingen und via Indien, Pakistan in Richtung Westen zu radeln.

Pascal Nufer


Alles übers Ultralight-Fliegen in Thailand:
www.flythailand.com Fluglehrer Tom Grieve Eastern Flying Club Pattaya e-mail: tom@flythailand.com Kosten 3800Bht pro Flugstunde (ca. 15 Flugstunden werden mindestens benötigt) Roman Beerlis Reise www.touroman.ch

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