Kinderzeit:

Mutti, sag mal...

Wieso, weshalb, warum? In der heutigen Kolumne geht es um die unerschöpfliche Neugier von Kleinkindern – und um Eltern, die nicht immer eine passende Antwort auf alles finden.


Wie habe ich mich gefreut: Vor einigen Wochen fing mein dreijähriger Sohn Anton ganz plötzlich an, den Dingen auf den Grund zu gehen. Wir fuhren nichts ahnend mit dem Auto durch die Gegend, da kam plötzlich vom Kindersitz hinten die unerwartete Frage: „Mama, warum scheint die Sonne denn so heiß?“ Es war Anfang April, Beginn der heißesten Jahreszeit in Thailand und die Sonne knallte unerbittlich durch die Fensterscheiben. „Ähem“, überlegte ich, „damit die Blumen und Bäume schön wachsen können und wir mal richtig schwitzen“.

Ganz gleich welche Nationalität Kinder haben, ob sie in Thailand oder in Deutschland leben: Ab einem Alter von rund drei Jahren fangen sie an, sich für die Wunder der Welt zu interessieren und können ihren Eltern wahre Löcher in den Bauch fragen: „Wie kommt das Salz in das Meer?“ „Warum sind grüne Schlangen giftig?“ und „Wieso jucken meine Mückenstiche so?“ Alles wollen die Kleinen ganz genau wissen und fragen und fragen, am liebsten den ganzen Tag lang. Wir Eltern freuen uns natürlich über die Wissbegierde unseres Nachwuchses (Fragen macht klug), stehen aber manchmal etwas perplex vor ihnen, wenn sie uns mit ihren – oft verblüffenden – Fragen bombardieren. Die fünfjährige Tochter meiner thailändischen Freundin, Lin, überraschte ihre Mutter neulich mit einer besonders kreativen Frage: „Mama, warum kann man Pupse denn nicht sehen?“ Die Antwort „Es reicht, dass man sie riechen kann“, schluckte sie natürlich herunter, erzählte Lin mir später. Aber was antwortet man auf eine solche Frage? Lin suchte zusammen mit ihrer Tochter im Internet nach der richtigen Erklärung – bloß nichts falsch machen. Auch meine anderen Freundinnen und Mütter finden: „Schön, dass meine Kinder mich durch ihre Fragen zum Nachdenken zwingen. Ich habe durch sie so viele tolle Sachen gelernt.“ Doch manche Fragen können auch wehtun. Weil sie unser ohnehin schlechtes Gewissen vergrößern. So wollte Anton neulich wissen, warum ich immer arbeiten gehen muss. “ Weil ich dafür Geld bekommen. Davon und von Papas Geld zahlen wir die Miete und jeden Tag das Essen. Und die Ferien”. “Aber warum darf ich nicht mitkommen?” ging die Fragebatterie weiter. “Du darfst mich besuchen. Aber mitarbeiten geht leider nicht. Dafür hast du deinen Arbeitsplatz doch im Kindergarten” reagierte ich pädagogisch ganz geschickt wie ich fand – und es war erstmal Ruhe. Gut so, denn größere Kinder können die Geduld ihrer Eltern in endlos langen Frageketten auf die Probe stellen, die zu Kettendialogen führen. So wurde ich neulich an der Bushaltestelle Zeuge, als ein etwa achtjähriges Kind seinen Vater löcherte: „Warum läuft die Frau so schnell?“ „Weil sie es eilig hat.“ „Warum hat sie es eilig?“ „Weil sie vielleicht den Bus nicht verpassen will.“ „Warum will sie mit dem Bus fahren?“ „Weil sie irgendwo hin möchte.“ „Warum ...?“ Zum Glück, dachte ich, ist mein Sohn ja erst drei Jahre alt und ich habe noch jede Menge Zeit mir ein dickes Geduldspolster anzulegen. Und eine Menge Lexika zu wälzen, um mir für all die zukünftigen Fragen einen wasserdichten Antwortkatalog zurechtzulegen.

Ute Bäuchl

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