Kinderzeit:
Von Thai-Prinzessinnen und Supermännern
Von rosarot bis himmelblau: In der heutigen Kolumne geht es um die Erziehung von kleinen Prinzessinnen und wilden Supermännern in Thailand.
Neulich, an einem stinknormalen Samstag, begegneten mein Sohn Anton und ich in der Spielabteilung eines Kaufhauses zwei „echten“ Prinzessinnen: Die beiden Thai-Mädchen waren über und über in rosa Rüschen gehüllt, hatten eine glitzernde Mini-Krone auf dem Kopf und im Gesicht ein wenig Rouge und Lippenstift - einfach so. „Die sehen aber schön aus“, stellte Anton fest.
Währenddessen war vom Karussell gegenüber lautes Grölen zu hören. Dort rang gerade eine Bande wilder Rabauken dem wackligen Karussell einen neuen Hochgeschwindigkeitsrekord ab, Ich und die Prinzessinnen schauten amüsiert zu. Die Verkäuferinnen wirkten ratlos.
Überall auf der Welt lieben es Mädchen wie bunte Glitzerkugeln rumzulaufen und Jungs mögen es, stürmisch herumzutoben. „Typisch Mädchen“ oder „typisch Junge“ stellen wir dann fest und belohnen als Eltern und Erzieher das jeweilige geschlechtstypische Verhalten. Geschlechter-Forscher wissen schon lange warum sich Mädchen und Jungen dem Rollenklischee entsprechend verhalten: Zum einen ist es genetisch bedingt und zum anderen hängt die Ausprägung mit der Erziehung und Sozialisation zusammen.
Gerade der Einfluss der Erziehung ist in Thailand sehr gut zu beobachten. Denn Thai-Mütter wie Väter unterstützen das extreme Ausleben der Rollenklischees ihrer Zöglinge: Da bekommt schon Zweijährige Plastikschühchen mit echtem Mini-Absatz angezogen und jeder Fünfjährige hat ein ganzes Arsenal an Plastik-Waffen mit denen er laut durch die Gegend ballert.
Doch wenn ein Mädchen sich von ihrer wilden Seite zeigt oder ein Junge zu feminin ist, dann können sie schon mal irritierte Blicke und kritische Kommentare ernten. So auch als mein Dreijähriger seine Babypuppe mit in den Supermarkt nahm und keiner glauben wollte, dass er wirklich ein Exemplar der männlichen Gattung sei: „Aber ein Junge spielt doch nicht mit Puppen“, waren alle überzeugt.
Einen „richtigen Jungen“ zu haben ist in Asien nämlich ein großes Kompliment. Schon immer galt der männlichen Spezies hier besondere Aufmerksamkeit. Na gut, denke ich dann, dass die nicht wissen, dass wir zuhause neben all den Rennautos und Baggern auch jede Menge Stofftiere haben, Pferd und Reiter spielen und mir Anton gern beim kochen hilft.
Ihre Ute Laune
Ute Bäuchl
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