MIT HERZ:

– DEUTSCHES PERSONALMANAGEMENT IN THAILAND

Deutsche Unternehmen in Bangkok diskutieren im Rahmen einer wissenschaftlichen Studie ihre interkulturellen Management Praktiken.


Du bist pedantisch, unflexibel und unhöflich, sagt der Thai. Ich würde das übersetzen mit genau, pflichtbewusst und ehrlich, erwidert der Deutsche. Du hingegen bist unstrukturiert, wenig durchsetzungsfähig und empfindlich. Falsch, anders betrachtet bin ich flexibel, rücksichtsvoll und sensibilisiert, antwortet der Thai.
Der Perspektivwechsel hin zum Potential macht den Unterschied. Eine differenzierte Auseinandersetzung unterschiedlicher Wahrnehmungen ist der Schlüssel im interkulturellen Management, der auch deutschen Unternehmen in Thailand zum Erfolg verhilft. Wie genau dieser Schlüssel beschaffen ist diskutiert Christin Grothaus, Diplom Pädagogin und Editorin der Thaizeit, in einer sechs monatigen wissenschaftlichen Studie mit Personalverantwortlichen deutscher Unternehmen und Joint Ventures in Bangkok. Ziel ist, die Integration der westlichen Personalentwicklungsansätze der „dta international Thailand Co. Ltd“, eines Personalberatungsunternehmens in Thailand, hervorgegangen aus der „Deutschen Trainer Akademie Hamburg“. Besonders die emotionale Intelligenz des Vorgesetzen steht im Mittelpunkt der Auseinandersetzung.


PERSPEKTIVWECHSEL


So mancher deutsche Expatriate beginnt mit gewohnten Prozeduren aus der Heimat: Am Besten gleich ein hausgemachtes Brainstorming, alle Mann an einen Tisch, Ideen wild diskutieren, ein bisschen streiten, danach gemeinsam ein Freundschaftsbier trinken, auf die Schulter klopfen, anschließend abstrahieren und eine gemeinsame Unternehmensvision ableiten. Oder doch lieber einen internen Wettbewerb anheizen und, wenn dann Konflikte auftreten, dann immer gleich sofort damit auf den Tisch und das am Besten vor Allen, damit auch jeder davon lernen kann. Es sollten zudem verstärkt Einzelbüros eingesetzt werden, um ungestört arbeiten zu können, Privates und Arbeit nicht zu sehr zu vermischen, und so möglichst pünktlich das Büro verlassen zu können. Work-Life Balance wird bei uns groß geschrieben!
„Das würde hier nicht funktionieren!“, so der Tenor der Studienteilnehmer. Work-Life- Balance findet in Thailand meist direkt im Büro statt, Ehrlichkeit gilt schnell als unhöflich, zu viel Gleichstellung als Verletzung des Respekts, und zu viel Struktur als unflexibel.

DER EISBERG LAUERT


Die Nationalkultur zu berücksichtigen ist elementar. Der starke Einfluss der Nationalwerte auf die Unternehmenskultur lässt sich mit dem Eisbergmodell der Kulturen von E.H. Schein erklären. Spätestens seit der Titanik wissen wir: Die Gefahr eines Eisberges lauert unter Wasser. Das seiner Zeiten sicherste, größte und modernste Schiff zerbrach an der mächtigen, aber unsichtbaren Basis des Eisberges, die zu 7/8teln unter der Wasseroberfläche lauert.
Schein vergleicht diese Basis mit nicht sichtbaren Kulturattributen, wie z.B. mit Werten wie Individualismus, Ehrlichkeit, Respekt, Gleichberechtigung oder Bescheidenheit. Besonders Nationalwerte liegen tief auf dem Meeresgrund verankert, gefestigt von einem von vielen Menschen geteilten Kultur-, Erziehungs-, Bildungs-, und Gesellschaftssystem.
Damit Businessmodelle nicht zerschellen, sollte das Unternehmensschiff zunächst vorsichtig und langsam gesteuert werden. Methoden wie Mitarbeitergespräche, Brainstorming, Zielvereinbarungsgespräche oder interner Wettbewerb können schnell Druck auslösen, Gesicht verlieren lassen und sensible Beziehungsgeflechte zerstören. Deshalb gilt es Atmosphäre zu schaffen und die Beziehungen zu pflegen. Ein Prozess, der ständige Aufmerksamkeit und eine gute Beobachtungsgabe abverlangt. Aber es lohnt sich! Die Untersuchungsergebnisse zeigen, dass Empathie und Beziehungspflege Loyalität, geringere Abwesenheitsraten, Bereitschaft zu Überstunden, Kreativität und Verantwortungsübernahme folgen lassen.

VERTRAUEN IN DIE PERSON


Menschliche Fähigkeiten, die emotionalen Kompetenzen einer Führungskraft, werden von den Studienteilnehmern als erste grundlegende Bedingung für den Unternehmenserfolg bewertet noch vor konzeptuellen und technischen Kompetenzen.


Dirk Breda, Vice President & CFO bei Mercedes-Benz (Thailand) Ltd., betont: „Da der klassische Expat nur drei oder vier Jahre in einem Land bleibt, reißt mit jedem Wechsel das komplette Beziehungsgeflecht ab. Der Thailänder hat ja weniger Vertrauen in die Funktion eines Mitarbeiters, sondern vor allem Vertrauen in die Person. Wenn der Expat wieder geht, fängt alles wieder von vorne an.“

DJAI HEISST HERZ


Eine wichtige Methode im Personalmanagement ist laut Studie die Bildung eines Rapports, einer gemeinsamen emotionalen Basis mit dem Mitarbeitern. In Thailand wird hierfür auch der Begriff “hen djai” verwandt, der wörtlich übersetzt “sehe in das Herz” bedeutet. In Verbindung mit dem Wort „Herz“ (djai) existieren in Thailand über hundert Bedeutungen. Während der Deutsche davon spricht, „einen kühlen Kopf zu bewahren“, heißt es in Thailand “Djai yen yen“, „kühles Herz“. „Nam djai”, lässt sich übersetzen mit: „Wasser Herz“ und bedeutet so viel wie ehrlich, großzügig, gutmütig. Hinter dem Begriff „Kreng djai“, steckt das bedeutende thailändische Konzept der Rücksichtnahme.

Dirk Breda rät: Antennen ausfahren und Signale empfangen! „Halten Sie auf dem Weg ins Büro hier und da mal an Schreibtischen an. Es dauert vielleicht ein Jahr, aber dann kommen die Thais irgendwann mit ihren Problemen, oder auch Ideen für ihre berufliche Entwicklung. Man unterhält sich über irgendetwas, und dann geht es von Einem ins Nächste. Da muss der Westler einfach ein paar Antennen mehr ausfahren und sich fragen: „Hey, was für Signale sendet der da eigentlich gerade?“. Von starren Personalmanagementmethoden sieht Dirk Breda ab: „Westler neigen dazu, einmal im Jahr ein Feedbackgespräch zu führen, in dem dann auch die Laufbahnplanung diskutiert wird. Ich versuche das unterjährig zu machen, wenn ich merke es ist die Stimmung da, und die Antennen ausgefahren, um etwas zu empfangen.“

NICHT ROSS UND REITER NENNEN

Die Studienteilnehmer sprechen über die Bedeutung von indirektem Feedback, es sei wichtig “die Dinge anders zu verpacken”, „nicht Ross und Reiter zu nennen“, „den Kern ein bisschen zu schiffen” oder „unausgesprochenerweise verstehen zu lassen“. Indirekt kommuniziert werden kann z.B. indem über eine ähnliche Situation berichtet wird, ohne die Arbeitsweise des Mitarbeiters direkt zu kritisieren, oder indem der Vorgesetzte von zukünftigen Veränderungen spricht, ohne die derzeitigen zu bemängeln.

GRUPPENDISKUSSION OHNE GESICHTSVERLUST

Eine offene Diskussion kann gut funktionieren, wenn genügend Zeit in die Vorbereitung investiert wird. So empfehlen die Studienteilnehmer z.B. zunächst kleine Gruppen, auf selber Hierarchieebene und in vertrauensvoller Atmosphäre, zu arrangieren. Das Gesicht kann weiterhin gewahrt und der Druck genommen werden, indem vor Gruppendiskussionen die Interessen der Mitglieder definiert und Beiträge vorbereitet werden. Eine Agenda als Leitfaden, eine Sitzordnung, Sprechzeiten und ein Moderator können Sicherheit schaffen und jedem die Chance geben, seinen Teil beizutragen.

„WE CARE“

Khun Sutisophan Chuaywongyart, Personalmanagerin bei Merck Thailand Ltd. betont: Unsere Unternehmensphilosophie lautet: „We care“ und die gibt es nicht nur auf dem Papier. Gleich nebenan befindet sich unser kreativer Pausenraum, wo sich Mitarbeiter beim Tennisspiel am Computer mit Bewegungserkennung oder in der Entspannungsecke neben dem Feedbackbriefkasten in ihren Pausen regenerieren, sich inspirieren lassen, und sich einander menschlich näher kommen. Im Westen, da schicken sich die Mitarbeiter manchmal Essenseinladungen per Email zu, obwohl der Kollege direkt nebenan im Büro sitzt. Bei uns steht die Gemeinschaft im Mittelpunkt. Hier heißt es: „Ein Team, ein Ziel.“ Wenn wir ein wichtiges Unternehmensziel erreicht haben, dann gibt es für die gesamte Belegschaft einen Unternehmensausflug, denn Geschäftserfolg ist für uns der Erfolg eines jeden Mitarbeiters.“ „We care“ bedeutet für uns nicht nur die Verantwortung für unsere Mitarbeiter und Kunden. Wir nehmen auch unsere soziale Verantwortung ernst. Erst kürzlich renovierten wir mit den Mitarbeitern gemeinsam eine Schule, und am 80. Geburtstag des Königs spendeten wir 80 Sportsets für 80 Schulen.

LOYALE MITARBEITER

Ein ausschlaggebendes Ergebnis sensibler Antennen und einer Vertrauenskultur mit System sind loyale Mitarbeiter. So berichtet auch Hubert Kessing, Managing Director der Beer Company Ltd., größter Importeur deutscher Biere in Thailand: „Die Atmosphäre im Team ist für viele unserer Mitarbeiter der eigentliche Grund weshalb sie bei uns arbeiten und nirgendwo anders hingehen. Wenn ihnen die Stimmung im Team nicht mehr passt neigen Thais wirklich dazu, zu kündigen. Das Mitarbeiterteam ist nach der Familie einer der stärksten sozialen Bezugspunkte, und das schafft Loyalität.“

Christin Grothaus


DTA INTERNATIONAL (THAILAND) LTD. Developing Talents and Abilities Dr. Albrecht Ebertzeder
Managing Director
Tel. +66 2 302 1436 (office)


office@dta-international.org www.dta-international.co.th CHRISTIN GROTHAUS
Training, Beratung, Lehre
Schwerpunkt: Interkulturelle Personalentwicklung FIRMENPHILOSOPHIE Mit einem ganzheitlichen Blickwinkel und inspirierenden Konzepten, kombiniert mit bewährten Methoden, bietet dta international Erfahrung und Innovation und somit einen aufregenden und wirksamen Weg zu neuem Erfolg.

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