Thailand Konzerte:

Mozart in Bangkok

“Der Freischütz” und „Die Zauberflöte” in Bangkok? Gesungen von thailändischen Sängern und Sängerinnen. Für viele mag das unwahrscheinlich klingen, aber Thailand hat eine kleine, wenn auch sehr lebendige Opernszene!


Die Oper ist eine der ältesten Kunstformen. Der westliche Ausdruck der Oper fasst auch in anderen Kulturen Fuß. Ein kleines Land in Asien wie Thailand ist da keine Ausnahme.
Dabei ist Thailand alles andere als das perfekte Land für die Förderung der westlichen Oper.  Das trifft jedoch auch auf die meisten Länder Asiens zu. Allerdings haben es viele asiatische Länder geschafft, klassische Musik und Opern zu entwickeln, wie zum Beispiel Japan, Korea, China, oder Singapur. Es sind für diese Länder aber lange Prozesse über mehr als 30 Jahren gewesen.  Thailand ist in der Welt der westlichen Oper noch ein Neuling. Trotzdem gibt es auch eine ganze Anzahl Leute, die den Wert dieser Kunstform sehen und daher auch unterstützen möchten.  In den vergangenen zwei Jahrzehnten begannen das Interesse und die Entwicklung der Oper in Thailand.  Es war bei weitem kein einfacher Weg, denn die Kunst ist Thailändern so fremd, sowohl der Inhalt als auch die Form.  Das Land hat im Prinzip „nichts” in Zusammenhang mit dieser Kunstform – seien es Sprache, Musik, Geschichte, Lebenshaltung, oder gesellschaftskritische Mentalität.  Die Anfänge waren schwierig. Viele Thailänder fanden den klassischen Gesang komisch, wenn nicht sogar lächerlich.  In Liederabenden oder Opernkonzerten lachten manchmal thailändische Zuschauer über die merkwürdige Stimme, die sie hörten – über diesen hohen und robusten Klang.  Sie wussten nicht, dass sie gerade die Stimme von nahezu vollkommenen Sängern hörten.


Eine der ersten Säulen der Oper in Thailand ist das internationale Bangkoker Festspiel für Tanz und Musik (Bangkok’s International Festival of Dance and Music).  Das erste Festspiel fand im Jahr 1999 statt, gefördert von J.S. Uberoi von ‘International Cultural Promotions’ mit dem Ziel, Bangkok zu kultureller Bedeutung zu verhelfen.  Die kürzlich verstorbene königliche Hoheit Prinzessin Galyani hat das Festspiel vom Anfang an tatkräftig unterstützt.  Jedes Jahr engagiert das Festspiel wenigstens eine hochrangige Opernproduktion aus Osteuropa.  Die Initiative für dieses Festspiel kam zunächst jedoch noch von Ausländern.
Der erste thailändische Versuch, ein Opernensemble zu gründen, kam 2001, als Somtow Sucharitkul die Bangkok Opera gründete.  Bangkok Opera ist sehr originell und erfindungsreich.  Obwohl westliche Opern auf der Bühne aufgeführt werden, erleben die Zuschauer eine thailändische, avantgardistische Inszenierung.  In den Produktionen der Bangkok Opera arbeiten Thailänder zusammen mit Ausländern.  Somtow hat nicht nur die westlichen Opern thailändisch inszeniert, sondern auch ein paar Opern mit Handlungen aus der thailändischer Folklore komponiert – Mae Nak und Ayodhya.  Somtow ist davon überzeugt, dass das Zentrum der darstellenden Künste in der Zukunft in Asien sein wird.
Das Jahr 2006 sah einen weiteren Meilenstein für die Oper in Thailand, als die Metropolitan Opera of Bangkok ihre Premiere des Freischütz von Carl Maria von Weber mit der thailändischer Besetzung machte.  Sophie Tanapura, die Gründerin dieses Opernensemble möchte thailändische Sänger in den Rollen sehen.  „Wir müssen unsere eigenen thailändischen Sänger haben, damit diese Kunst sich in Thailand niederlassen kann und für thailändische Zuschauer erreichbar sein wird”, meint Sophie Tanapura.  Westliche Opern seien den Thailändern zwar fremd, aber mit thailändischen Sängern werde die Barriere abgebaut, da sie den gleichen Lebenskontext wie die Zuschauer haben.
Als im Jahr 2000 die Stadtverwaltung Bangkoks ein Entwicklungsprojekt für klassische Musik initiierte, war Sophie zuständig für die Einstellung der Lehrkräfte.  Gesang hat sie selber unterrichtet.  Außerdem rekrutierte sie multinationale Lehrer für Klavier, Geige, Cello und Flöte.  „Als das Projekt nach 5 Jahren auslief, hatte ich eine Gruppe von ernstzunehmenden  Gesangsschüler.  So traf ich meine Entscheidung, The Metropolitan Opera of Bangkok (The M.O.B.) zu gründen,” fasst Sophie den Ursprung ihrer Gruppe zusammen.

Klassische Musik als Entwicklungsprojekt

Nach vielen Jahren in Europa und in Amerika beherrscht Sophie Tanapura vier Sprachen und verfügt über eine gründliches Verständnis westlicher  Kunst und Kultur.  Vor 20 Jahren kam sie nach Thailand zurück, und seitdem hat sie die klassische Musik unermüdlich gefördert.  Vor der Gründung ihres Operensembles hat sie acht Jahre das Ibycus Kammerorchester geleitet.  „Ich sehe Oper als eine Ausweitung des Theaters.  Es ist ein Spiegel, der uns erlaubt,  uns über uns und unser Verhältnis zur Gesellschaft lustig zu machen.”  Man müsse den Geschmack für die Kunst nur erst kultivieren. Die technische Sache werde mit der Zeit kommen. Da Thailänder genau diese Fähigkeit haben, mache sie sich keine Sorge um die Zukunft der Oper in Thailand. Neben Engagements  und Lehraufträgen in Indien, arbeitet Sophie gerade an einer Reproduktion von dem Freischütz für Anfang Juni 2009. Dazu hat sie den amerikanischen Dirigenten Maestro J. David Jackson von der Metropolitan Opera New York eingeladen.  Opernliebhaber in Bangkok und Thailand können sich schon darauf freuen! 2007 brauchte eine weitere Bereicherung für Opernliebhaber in Thailand, als NUNi Productions auf der Szene auftauchte.  Schon der Name weckt Neugierde.  NUNi steht für Never Underestimate New Ideas (Unterschätzen Sie keine neuen Ideen).  Diese Gruppe wurde von Saran Deva Suebsantiwongse, einem 28-jährigen thailändischen, aussichtsvollen Bariton gegründet. „NUNi ist aber kein Opernensemble,” betont Saran. „Ich  sehe es eher als eine Gruppe darstellender Künste.”  NUNis Konzept gibt ihm Recht. NUNi ist wirklich eine Integration der Künste. Oper bildet den Kern neben den vielen anderen Abteilungen NUNis: Tanz, Schauspielkunst, Inszenierung.  Sarans Absicht, NUNi zu gründen, war nicht nur eine Plattform für Sänger zu haben, sondern für alle Ebenen in der darstellenden Künste. “Es gibt in diesem Land noch keinen angemessenen darstellenden Beruf für diese ganzen Leute, die darstellende Künste studiert haben – sei es Gesang, Tanz, oder Dramaturgie. Was auch immer, ganz viele gehen nach dem Studium als Dozenten zur Universität. Wofür haben sie denn dann überhaupt darstellende Künste studiert? Warum nicht Erziehungswissenschaft, wenn sie schließlich nur unterrichten? Darstellende Künstler müssen aufführen,” fordert Saran. Daher dient eine Integrationsgruppe wie NUNi sehr vielen Menschen, und nicht nur den Zuschauern. Sie bietet nicht nur Sängern, Musikern oder Tänzern eine Arbeitschance, sondern auch Bühnenarbeitern und Kulturmanagern. Die thailändischen Arbeitskräfte in diesem Bereich können ihre Künste und Kreativität hier bei NUNi ausprobieren, äußern und schließlich etwas Neues schöpfen.  „In der Zukunft werden sicherlich viele von ihnen ihre eigene Gruppen oder Produktionen errichten.  Sie sind heute das Saatgut der Kunst, das später in verschiedenen Formen aufblühen wird. Und das geben wir als Künstler der Gesellschaft zurück,” erläutert Saran seine Vision.

Brainstorming und Freiraum

“Unsere Gruppe legt sich auf keine Operninterpretation fest,” betont Saran. „Wir beobachten auch nicht wie die andere Gruppen es machen.  Wir brainstormen einfach nur, wie wir es interpretieren und inszenieren möchten.  Meistens lassen wir aber einen freien Raum für die Zuschauer, Fragen zu stellen und zu denken.  Jeder kann seine eigene Antwort haben,” erklärt Saran seinen Arbeitsstil. Die Gruppe ist zwar jung, aber schon die Premiere „Mozart in Mischief” in November 2007 war ausverkauft, und ebenso die nächsten Aufführungen im folgenden Jahr. Für NUNi ist das ein vielversprechender Anfang. Saran ist der erste Thailänder, der von der Manhattan School of Music in New York in Gesang absolviert hat, und er arbeitet jetzt als der Chef der Gesangsabteilung an der Silpakorn Universität.  Das Musikstudium in Thailand unterscheidet sich sehr von seinen Erfahrungen.  „Es gibt noch sehr viel Verbesserungspotenzial”, beobachtet Saran vorsichtig. „Thailänder haben ja Potenzial.  Das Problem ist eine falsche Erwartung; die Studenten wissen nicht, was sie von einem Gesangsstudium zu erwarten haben.”  Das sei aber nicht unbedingt ihre Schuld, denn es habe nie eine richtige, komplette, systematische Gesangsausbildung gegeben. Laut Saran müssen Gesangsstudenten eigentlich nicht nur singen lernen, sondern auch Fremdsprachen oder Literatur beherrschen.  Zwar haben viele Talent, aber es mangelt an der richtigen Einstellung zum klassischen Gesang. Die erforderliche Diziplin und das harte und regelmäßige Üben stehe im Widerspruch zur thailändischen Lebenshaltung von sabai, sabai! Sarans Hoffnung für die Oper in Thailand ist, dass Thailand eines Tages auf der Weltopernkarte steht. „Es wird ein sehr langer Weg sein. 50 Jahre sind vielleicht noch zu wenig; die kulturelle Grenze ist unheimlich groß.  Ich arbeite daran, dass Thailand in der Zukunft sein eigenes Opernfestspiel auf internationalem Standard veranstalten kann,” so Sarans Hoffnung auf eine bessere (Oper-)Zukunft.

Ittinat Seeboonruang


Wenn Sie sich für eine der Gruppen interessieren und mitmachen oder unterstützen möchten, besuchen Sie bitte folgende Webseiten: International Festival of Dance and Music www.bangkokfestivals.com Bangkok Opera www.bangkokopera.org The Metropolitan Opera of Bangkok www.metoperabkk.com NUNi Productions www.nuniproductions.com

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