Thailands Kunstschätze:
Raus aus dem Museum!
Grosser Auftritt für antike Stücke
Was ins Museum wandert, muss noch lange nicht ausgedient haben. Im thailändischen Nationalmuseum lagern diverse Kunstschätze, die regelmäßig wieder rausgeholt und gebraucht werden. Demnächst zum Beispiel, wenn die Schwester des Königs Bhumipol bestattet wird, sollen antike Kutschen aus dem Museum den Leichnam auf seinem letzten Weg geleiten.
Es riecht nach Farbe. In der großen Halle in einer der hintersten Ecken des Nationalmuseums herrscht Hochbetrieb, denn es dauert nur noch ein paar Wochen bis alles fertig sein soll. Frisch gestrichen, restauriert, in glänzendem Gold und Rot sollen die besonderen Schätze, die hier lagern, ihre einzige Bestimmung erfüllen: Sie sollen ein Mitglied der königlichen Familie in größtmöglicher Würde auf die letzte Reise bringen.
Eine Ehre
„Es braucht zweihundertsechzehn Leute um diese schwere Holzkutsche zu ziehen und auch wieder zu bremsen“, erzählt Christiane Fischer und erntet bewunderndes Nicken aus der kleinen Runde, die sich an diesem Donnerstagmorgen im Nationalmuseum zur deutschsprachigen Führung eingefunden hat. Christiane Fischer kennt die Exponate bestens, an denen hier seit mehreren Monaten geschliffen, gefeilt, gepinselt und lackiert wird. Sie ist eine von 22 Guides, die regelmäßig Führungen in Deutscher Sprache durchs Thailändische Nationalmuseum machen. Es sei eine Ehre dies zu tun, betont sie. Denn das Nationalmuseum sei das einzige, das überhaupt ausländische Führer zulässt. Es ist also umso wichtiger, dass die Details stimmen, die sie aus der Geschichte des Gastlandes wiedergibt. Die Kutschen hier würden nur bei Bestattungsritualen der königlichen Familie herausgefahren, erklärt sie. Und das bedeutet eben, dass sie zwar die meiste Zeit über hier im Museum stehen und wie andere Exponate Thailands Geschichte erzählen. Der große Unterschied dieses Raumes ist aber, dass die Gegenstände auch heute immer noch gebraucht werden. „Das hier ist die große Kutsche des Sieges“, erklärt Christiane Fischer und zeigt auf ein besonders aufwändig dekoriertes Prunkstück. Diese Kutsche sei 1996 zum letzten Mal im Einsatz gewesen, als die Mutter des heutigen Königs bestattet wurde. Mit dieser Kutsche würde nun wohl auch der Leichnam der Prinzessin zum Krematorium gefahren. Während Christiane Fischer auf die Feinheiten der Schnitzereien hinweist und weiter über die thailändischen Bestattungsrituale erzählt, pinselt eine Frau in minutiöser Kleinarbeit die Blättchen einer hölzernen Lotusblüte nach und scheint die Gruppe Touristen, die ihre Arbeit bestaunt, nicht einmal wahrzunehmen. Was fürs Königshaus ist verträgt keine Ablenkung, weshalb auch das Fotografieren in diesem Raum strengstens verboten ist und selbst unser Fotograf mit Spezialgenehmigung zuerst vehement abgewimmelt wird. Das Personal des Nationalmuseums weiß offenbar genau, welche Schätze es hier hütet und weiß auch, wie man mit allzu vorwitzigen Besuchern umzugehen hat.Bleibt mehr hängen
Das Museum gehört nicht umsonst zu den beliebtesten Touristenattraktionen. Einige der Exponate stammen aus dem 18. Jahrhundert und sind an sich schon ein sehenswertes Stück Geschichte. Sie waren Teil des riesigen Palasts von König Rama I. So zum Beispiel auch die eindrucksvoll bemalte Buddhaisawan-Kapelle. „Die Wandmalereien hier sind sogenannte Seccos“, erklärt Christiane Fischer. „Im Gegensatz zu den Freskos, die wir aus europäischen Kirchen kennen, werden die hier auf den trockenen Putz gemalt“. Sie wirkt sattelfest, wenn sie ihre Erklärungen abgibt und antwortet professionell auf Fragen aus dem Publikum, das die Museumsführung in deutscher Sprache offensichtlich sehr zu schätzen weiß. „Wir haben davon im Reisführer gelesen und sind extra dafür heute Morgen hierher gekommen.“ verrät ein Mann aus München, der zusammen mit seiner Tochter in Thailand Urlaub macht und sich für die thailändische Geschichte interessiert. „Das Museum ist so groß, dass man ohne Führung verloren wäre und wenn es sie sogar in Deutsch gibt, bleibt vielleicht noch mehr hängen.“ Dass die Führungen in Deutsch geschätzt werden, wissen auch Christiane Fischer und ihre Kolleginnen. „Das Museum erschließt sich nicht von selbst und ist gerade für uns Europäer nicht immer einfach zu verstehen. Und da ist eben manch ein Besucher froh, wenn er die zum Teil doch recht komplexen Zusammenhänge in seiner Muttersprache erklärt bekommt.“ Das ist Herausforderung genug, wenn es beispielsweise darum geht, die Kurzfassung des berühmten thailändischen Ramakiens einigermassen zu verstehen. Denn das Epos, das die Grundlage der thailändischen buddhistischen Kultur erzählt und in Vollversion mehrere Tage dauern kann, ist auch in Deutsch nur schwer auf fünf Sätze zu kürzen.Pascal Nufer
Nationalmuseum Der frühere Palast aus der Zeit von Rama I befindet sich in Fussdistanz des Königspalastes am Sanam Luang. Es zeigt einen guten Querschnitt aus Thailands Geschichte und beherbergt Kulturgüter aus den verschiedenen Epochen und Teilen des Landes. National Museum Th. Chao Fa, Sanam Luang Tel. +66 (0) 2224 1333 www.thailandmuseum.com Mittwoch bis Sonntag, 9.00 – 16.00 Uhr Eintritt: 50 Baht Führungen in Deutsch Immer am Donnerstag gibt es Führungen in Deutsch. Die Führungen sind gratis, dauern etwa eineinhalb Stunden und beginnen um 9.30 Uhr bei der Museumskasse. Auf Anfrage machen die freiwilligen Helferinnen auch Sonderführungen für Firmen oder Gruppen ab mindestens drei Personen, zu jeweils 100 Baht pro Person. Webpage der freiwilligen Museumshelfer: www.museumvolunteersbkk.net Anfragen für Gruppenführungen: info@gaby-fassbender.com Führungen in anderen Sprachen: information@museumvolunteersbkk.net Bestattungszeremonie von Prinzessin Galyani Vadhana Drei Tage dauert die offizielle Bestattungszeremonie von Prinzessin Galyani Vadhana. Vom 14. bis zum 16. November werden in Thailand die Fahnen nochmals auf Halbmast gesetzt, während der Leichnam der im Januar dieses Jahres verstobenen Schwester des Königs Bhumipol unter großen Feierlichkeiten auf dem Sanam Luang kremiert wird. Das eigens für diesen Anlass gebaute Krematorium kann bis Ende Oktober öffentlich besichtigt werden. Im Nationalmuseum stehen die frisch restaurierten Trauerkutschen ebenfalls zur Besichtigung bereit. Wer einen Vorgeschmack der Trauerprozession will, kann am 19. Oktober der großen Hauptprobe beiwohnen. Die Tradition, hohe Mitglieder des Königshauses auf großen Bestattungskutschen auf ihre letzte Reise zu geleiten, stammt übrigens aus Indien und wurde in Thailand erstmals in Sukhothai im 13. Jh. dokumentiert.
Weitere interessante Artikel