Vientiane:

Wochenendreise zu einer Hochzeit in Laos

Eine aufregend stille Metropole – Vientiane.


Ein Anruf aus Laos von meinem alten Freund Thanta Kongphaly. Er erwartet mich am Freitag sagt er. Seine Nichte heiratet am Sonnabend und es werden  mehrere hundert Gäste zum Feiern da sein.
Thanta ist ein ehemaliger Studienkollege aus Deutschland und eigentlich Germanist, arbeitet jetzt als Director General im Wirtschaftsausschuß des Parlamentes.


Ein kurzer Anruf bei der Billigairline und der Flug ist gebucht. Allerdings schon am Donnerstag und erst einmal bis Udon Thani. Dann mit dem Minibus bis Nongkhai, direkt bis zur Grenze an der Freundschaftsbrücke und in Laos weiter mit dem Taxi oder dem Bus. Thanta hat keine Zeit, mich von der Grenze mit dem Auto abzuholen. Aber das ist auch gut. Damit habe ich noch einen ganzen Tag für mich selbst.

Vientiane bietet eine große Auswahl an Hotels und Gästehäusern. Das lange Zeit als Nummer Eins geltende Novotel ist in die Jahre gekommen und die Zimmer sind abgewohnt. Das Preis-Leistungsverhältnis stimmt nicht mehr. Neuer Spitzenreiter ist neben dem Lao Plaza das Don Chan Palace direkt am Mekong. Ab rund 65 Euro gibt es einen erstklassigen Blick über den Mekong. Ein Sun Downer am Mekong ist Pflicht: Abendspaziergang an der Promenade, der Fa Ngum Road. Dort sind eine Vielzahl von kleinen Restaurants – frisch gegrillter Tap Tim, Tintenfische oder Hähnchen brutzeln duftend in den Abendhimmel. Am nächsten Morgen miete ich mir ein Motorrad gegenüber vom Kop Chai Deu, (Restaurant und Bar nahe des Springbrunnens). Die Stadt mit den meist zweistöckigen Gebäuden ist übersichtlich, freundlich und provinziell und gleichzeitig schüchtern weltoffen. Die Geschäfte bieten viele Importe an. Mehr und mehr Touristen entdecken den herrlichen Flecken Erde. Thanta ruft an, die Familie kommt schon heute Abend und ich soll unbedingt auch kommen. Aber ich habe noch kein Hochzeitsgeschenk. Also auf zum Morning Market! Der Markt ist fast menschenleer, aber es gibt ein umfangreiches, recht unsortiertes Angebot. Da sind Leute aus Sri Lanka, die ihre fliegenden Teppiche aus China verkaufen wollen, gleich neben den CD-Läden, deren Songs sich gnadenlos überlagern. Um die Ecke ein Shop mit Marken-Handtaschen und etwas weiter liegen nackte und tote Hühner in der Auslage. „Das nicht”, denke ich mir und finde dann einen Laden mit Elektrogeräten. Genau, das ist es: eine Kaffee-Maschine für zwei Personen. Kaffee am Morgen, der Lao Arabica, dessen Duft dann durch die Wohnung zieht. Und das Paar sehe ich vor meinem inneren Auge am Tisch sitzen und den heißen schwarzen Sud schlürfen, bevor die beiden Architekten dann zur Arbeit gehen. Vorausgesetzt es gibt in dieser Woche welche. Die Vorstellung mit dem Kaffee gefällt mir und ich hoffe den beiden auch. Thanta ist wie immer ein wenig nervös. Heute aber ist das berechtigt. In seinem Haus mit der kleinen Apotheke am Eingang flitzt er herum und organisiert. Hinter dem Haus noch die Baustelle mit dem neuen Haus, seinem „Alterssitz“, wie er sagt und die Kinder werden ja auch immer größer und brauchen dann Platz. Seine Frau steht nachdenklich da und lächelt durch mich hindurch. „Oh mein Gott”, sagt sie, „noch so viel zu machen...“ So beginnt das Hochzeits-Wochenende für mich an diesem Freitag in Vientiane und mit Thantas Familie. Am späten Nachmittag kommen schon die engsten Verwandten und es wird gegessen und getrunken, als wäre die Feier schon im Gange. Da ist der Onkel aus Luang Prabang, Cousins und Cousinen, Geschwister, Neffen und Nichten. Am Abend bleibt noch etwas Zeit, um sich etwas umzusehen. Die engen Straßen von Vientiane sind oft verstopft, weil jeder parkt ,wie es ihm in den Sinn kommt und weil überall Bauarbeiten ganze Straßenzüge blockieren. Aber mit dem Motorrad oder dem Fahrrad ist das kein Problem. Rund um den Nam Phu Springbrunnen sammeln sich mehrere sehr gute Restaurants, die durchweg zu empfehlen sind. Französische Küche und die skandinavische Backstube sind dort ebenso zu finden wie das Khop Chai Deu. Ein beliebter Treffpunkt für alle Arten von Touristen, Expats, etwas leichteren Damen und Liebhaber exzellenter Speisen zu guter Life-Musik. Gegenüber ist das Joma Café, das schon um Acht am Morgen öffnet und den besten Kaffee der Stadt hat und Kuchen zum verlieben anbietet.

Der große Tag

Als ich dann am nächsten Morgen so gegen neun Uhr bei Thanta ankomme ist alles noch recht ruhig und sehr kühl. Der Garten vor dem Haus ist mit einer Plastikplane zum Schutz vor neugierigen Blicken verhängt und auf den Tischen steht Whisky , Wasser, Limonade und Lao Beer. Die DJs probieren ihre Anlage aus und laotische Musik donnert aus den Lautsprechern. Thanta und seine Frau – sie arbeitet beim Roten Kreuz und ist ein Herz von einem Menschen – hasten umher und versuchen, nichts zu übersehen. Ein Raum im Erdgeschoss ist für die Zeremonie vorbereitet worden. Alte Frauen sitzen um ein Gesteck aus orangegelben Studentenblumen - dieses Safran! Es wird gekichert und rumgealbert. Zwei der kleinen Mädchen sind die Brautjungfern. Sie werden dem Bräutigam rituell die Füße reinigen, wenn er das Haus der Brauteltern betritt.

Das Zimmer

„Ja“, sagt Thanta auf meine Frage, ob der Bräutigam heute denn schon da war. „Oh, das war ganz früh, um sechs Uhr dreißig, da haben die beiden die Mönche beköstigt. Und nun ist der Bräutigam in das Haus seiner Familie zurückgekehrt und die Braut sitzt oben in ‚diesem Zimmer’ und wird her gerichtet“. „Was für ein Zimmer?“, will ich wissen. „Da werden die beiden nach der Trauung hoch geführt und zwar von den besten der besten aus unserer Familie. Ein Ehepaar, dass für alle ein gutes Beispiel ist.“ „Du kannst es dir gerne ansehen, das Zimmer“. Und ob ich das will! Wir steigen die steile Holztreppe hinauf. Da ist die Braut. In roten, gold- und silberbestickten Seidenstoffen, mit einer prachtvollen Schärpe scheint sie mit dem hochgesteckten Haar und dem weiß gepuderten Gesicht wie ein Wesen aus einer anderen Welt, aus einem anderen Jahrhundert zu sein. Sie sieht erstaunlich aus, keine für Touristen herausgeputzte Schönheit. Dann gibt es da dieses riesige Holzbett im Raum mit Rosenblättern auf dem hellen Laken und Geldscheinen im Inneren eines Herzens aus Blütenknospen. Die Braut scherzt mit den anderen Frauen, sehr irdisch, wie ich finde und das beruhigt mich.

Lösegeld-Übergabe

Unten sind nun die Familien eingetroffen. Die Brautväter sitzen sich gegenüber. An der Seite ihrer Frauen muss nun ein ernstes Geschäft erledigt werden. „Einen Monat vorher,“ sagt mir Thanta, „da hat es schon mal ein Treffen gegeben. Da wurde dann ein Preis ausgehandelt, also wie viel Geld, Gold und Land der Bräutigam bezahlen muss“, Thanta grient, „und jetzt muss nachgezählt werden ob alles stimmt und dann kann es losgehen.“ „So, so”, denke ich mir, „das schwierige Verhandeln ist also Männersache”, und da wird beim Nachzählen auch schon mal ein Glas Whisky auf die andere Seite herübergereicht und der Packen Geldscheine gewichtig in der Hand abgewogen. Mit ein paar drapierten Kerzen drum herum sieht alles sehr feierlich aus. Dann reicht der Brautvater der Mutter das Bündel zum nachzählen – rituell versteht sich.

Sie kommen!

Langsam sammeln sich viele Frauen draußen auf der Straße. Telefone klingeln und die Spannung steigt. Während ich dummerweise auf eine größere Limousine warte, wissen das die anderen viel besser. Der Bräutigam kommt zu Fuß! Und mit ihm seine Familie und Freunde. Ein blauer Regenschirm spendet dem angehenden Ehemann Schatten. Langsam schreitet er voran, das ist auch der Kerze geschuldet, die er in der Rechten hält und mit der Linken vor dem Wind schützt. Es ist ein stattlicher Mann von kräftiger Gestalt. Ein braun gebranntes Gesicht lächelt verhalten über einem goldbetressten weißen Jackett. Langsam kommt Stimmung im Brautlager auf und vorsichtshalber wird schon Whisky eingeschenkt. Die Musik wird lauter und auf der Straße beginnen die Frauen zu tanzen. Alle klatschen und tanzen und johlen. Alle schieben zu dem Raum, wo die Braut auf den Bräutigam wartet. Dann werden seine Füße mit geweihtem Wasser gereinigt, bevor er den Raum betreten darf. Natürlich nicht richtig, sondern nur symbolisch mit Palmenblättern und einigen Spritzern. Die kleinen Mädchen sind heilfroh, als alles gut gegangen ist.

Es wird ernst

Der kleine Raum ist voll und die alten Frauen lächeln in die Vergangenheit zurück. Ein Professor von der Buddhistischen Universität ist gekommen und beginnt mit der Zeremonie. Gebete werden gesprochen: eine langwierige Prozedur. Alle greifen nach Bändern und beteiligen sich am Gebet. Der Bräutigamvater verbindet nun Mann und Frau mit einem weißen Faden. Es ist vollbracht. Die Verwandten kreisen nun auf Knien um die Jungvermählten und binden ihnen, wenn sie an der Reihe sind, weitere Fäden um die Handgelenke, manchmal mit einem Dollarschein daran, manchmal ohne, so gut es eben geht. Doch bevor die beiden in ihr Zimmer gebracht werden, noch eine Zeremonie. „Jetzt müssen sie um Verzeihung bei den Eltern bitten für das, was sie in der Vergangenheit nicht richtig gemacht haben, wo sie Mist gebaut haben, erst dann geht es hoch“, flüstert Thanta. Ihnen wird vergeben. Alle sind beruhigt. Nein, das Paar wird nicht dort oben in dem Raum allein gelassen. Zwanzig Menschen drängeln sich und machen Fotos auf dem Bett mit dem lächelnden Brautpaar und den neuen Schwiegereltern, Kinder und Freunde und Geschwister lassen sich ablichten und dann kommt das nächste Ereignis, auf das alle schon gewartet haben. Das Mittagessen. Heiraten macht hungrig und durstig. Erst am Abend kommen die meisten geladenen Gäste, etwa sechshundert die nicht direkt der Familie angehören. Die hätten auch alle nie in Thantas Haus gepasst.

Mekong Restaurant

Das Brautpaar eröffnet nach dem festlichen Essen mit einem Tanz. Natürlich muss ich auch tanzen. Das heißt, es ist eigentlich mehr ein Hin- und Herwiegen, wobei die vorgehaltenen Hände in der Luft gedreht werden als würden sie einen Pizzateig wenden, hin und her, hin und her. Die Frauen sind kaum zu stoppen und drängen auf die Tanzfläche, während die Männer sich dem Whisky mit  Sodawasser zuwenden. Scheinbar um Platz zu sparen wird im Block getanzt und wie auf Kommando wird dann eine 90 Grad Drehung vollzogen. Das ist gewöhnungsbedürftig, aber sichtlich haben alle ein großes Vergnügen daran. Viele wollen mit mir tanzen, weil ich bescheidene, progressive Veränderungen einführe. So gegen 23 Uhr sind alle aus dem Häuschen, als es dann schon heißt: Ende der Veranstaltung. Irgendwo wirbelt Thanta herum und er winkt mir zu, „Wir sehen uns morgen, ruf an!“. Thanta und seine Familie haben noch alle Hände voll zu tun. Sie sagen, ich brauche nicht mit aufräumen: ich Glücklicher! Dem jungen Brautpaar wünsche ich alles Glück dieser Erde und ‘Khop Chai Lai Lai’ – vielen Dank.  Ich hoffe, sie trinken morgen früh einen heißen Kaffee, diesen wunderbaren Lao Arabica aus einer neuen Kaffeemaschine und der Duft zieht durch das ganze Haus.


Vientiane
Anreise Flüge nach Udon Thani (Hin- und Rückflug) ab 2.600 Baht, weiter mit dem Minibus ab Flughafen bis zur Freundschaftsbrücke 150 Baht. Nach Vientiane dann per Taxi ab 250 Baht, öffentlicher Bus 20 Baht oder Tuktuk 40 – 100 Baht. Air Asia Tel. +66 2515 9999, Buchung per Telefon, Bezahlung in jedem 7eleven. Nok Air Tel. 1318, Zahlung mit Thai-Kreditkarte, kurzfristige Buchungen möglich Thai Airways Tel. +66 2628 2000, Kreditkarte Flüge direkt nach Vientiane  Etwa 8-10.000 Baht Lao Air, Tel. +66 2237 6982, 86 Soi Langsuan, Ploenchit Rd. Thai Airways siehe oben Bahn bis Nong Khai +66 2223 3762, rechtzeitig reservieren! Bus bis Vientiane mit Sabaidee Busreisen ab/an Khao San Road Visa Visa 14 Tage 30 $ und 2 Passbilder, auf die zahlreichen Schlepperbüros kann man getrost verzichten und die Formalitäten allein erledigen. Währung 10.000 Kip = 10 US$ = 35 Baht Unterkunft Don Chan Palace Hotel
Preisfacette reicht von 130/150 $ für ein Einzel/Doppelzimmer im Classic Room, bis 500 $ in der Executive Suite. Plus 20 % (Steuer und Service charge) Lao Plaza Hotel Superior ab 100 $ bis Presidential Suite 450 $ inclusive Steuern. Etwas günstiger bei Internetbuchung. Sala Lao Hotel (Empfehlung) Tel. + 856 2124 2021 Mekong Riverside Road, nahe Wat Inpeng, ganz neu eröffnet, zwischen 20 und 50 Dollar Restaurants Le Vendome, Französisches Restaurant am Wat Inpeng, Ecke Mekong Riverside Rd., preiswert und gut.

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